Kipppunkte fürs Klima Stuttgarterin reist an gefährlichste Orte

Louisa Schneider war für fünf Wochen in Brasilien. Sie hat dort auch unter Indigenen gelebt. Foto: Markus Mauthe/privat

Die Stuttgarter Aktivistin Louisa Schneider und der Fotograf Markus Mauthe besuchen sieben Orte, die als Kipppunkt fürs Weltklima gelten. Wie der Amazonas zu Asche wird, haben sie gerade mit eigenen Augen gesehen – und zeigen es auf Instagram.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Vom Flieger ging es direkt zum Kipppunkt. Louisa Schneider war keine zwei Stunden auf brasilianischem Boden, da fand sie sich in den Feuern wieder, sah mit eigenen Augen, wie der Amazonas zu Asche wird. In Videos auf Instagram berichtet die 23-jährige Klimajournalistin aus Stuttgart direkt aus dem brennenden Regenwald. Sie redet eindringlich, besorgt, aber auch mit Mut in der Stimme.

 

Bis dato lagen zwischen ihr und dem Inferno der Atlantik und ein Bildschirm. Nun war sie mittendrin, begriff „das Ausmaß der Zerstörung“, wie sie sagt. Der Amazonas gilt als Lunge der Welt. Und weil dieses Ökosystem durch Rodungen auf der Kippe steht, ist Louisa Schneider im September und Oktober für fünf Wochen hergekommen. Als Kipppunkte werden Gegenden auf unserem Planeten bezeichnet, die aufgrund des Klimawandels am Übergang zu einem gefährlichen Zustand stehen. So schmilzt ab gewissen Temperaturen unwiederbringlich das Eis in Grönland oder Regenwälder verwandeln sich in Savannen und können kein CO2 mehr binden.

Fünf Reisen an sieben Orte

Bis kommendes Jahr besucht sie auf fünf Reisen sieben Orte, die als Kipppunkte fürs Weltklima gelten. Der Aktivist und Naturfotograf Markus Mauthe begleitet die 23-Jährige. Er sei doppelt so alt und schon viel herumgekommen, er habe mit der Kamera die Schönheiten der Natur eingefangen, sagt er. „Ich habe die Welt kennengelernt.“ Seit etwa zehn Jahren begegne ihm verstärkt der Klimawandel, den Mauthe Klimakatastrophe nennt. Er war gerade in Nigeria. Doch egal, wo er auf dem Globus unterwegs sei, die Klimakrise sei schon da. „Das ist einfach überall“, sagt er. Heute lebt er in Brasilien und in Friedrichshafen.

Greenpeace Deutschland hat die beiden für diese Weltreise zum Klima gebucht. Mit Louisa Schneider will man neue Zielgruppen erreichen, Markus Mauthe spricht von einer Frische, die die 23-Jährige mitbringe. Auf Instagram hat sie aktuell 18 000 Follower, denen sie erzählt, was sie erlebt. Eindrücke aus Brasilien gibt es auch unter dem neuen Instagram-Kanal @grad.jetzt.

Die wenigsten Leute wüssten das, sagt der Fotograf

Kipppunkte sind etwas Bedrohliches. Markus Mauthe vermutet, dass deshalb viele das Thema lieber wegschieben. Die wenigsten Leute wüssten, dass es insgesamt 16 Orte auf der Welt gibt, die als Zünglein an der Waage gelten. 16 Orte, von denen große Gefahr ausgehe. Weil ihnen nachgesagt wird, dass sie, die sogenannten „tipping points“, alles unkontrollierbar verändern können.

Doch was wollen die beiden anders machen, wenn die Menschen bei Horrorszenarien sicherheitshalber weghören? Indem sie das Thema mit „positivem Unterton“ angehen, sagt Louisa Schneider. „Man kann wegschauen.“ Dann sei die Lage unkontrolliert und unkontrollierbar. „Oder man kann sich der Herausforderung stellen.“ Es gehe nicht darum, den Klimawandel zu verhindern, das sei nicht mehr möglich. Aber man könne sich besser anpassen, reagieren, wenn man sich den Tatsachen stelle. Ziel sei ein buntes Bild eines Themas, „bei dem man eigentlich nur heulen könnte“, sagt Markus Mauthe.

Kommendes Jahr geht es in den Senegal

Auf ihrer Reise zu den Kipppunkten wollen sie mit möglichst vielen Menschen sprechen, wollen „jenen eine Stimme geben, die keine haben“, sagt er. Eine Woche haben die beiden im Amazonas unter Indigenen gelebt. „Die werden krass diffamiert und degradiert, dabei haben sie Lösungen an der Hand“, sagt Louisa Schneider. Sie seien ein friedvolles Volk, leben im Einklang mit der Natur, „sie werden aber einfach nur unterdrückt.“ Weil sie Goldgräbern im Wege seien.

Die nächste Reise führt die Stuttgarter Klimajournalistin und den Fotografen Markus Mauthe 2023 in den Senegal. Hier habe sich der Kipppunkt, nämlich die Monsunregen, noch nicht endgültig entschieden, sagt er, „ob sie sich zurückziehen, oder ob sie explodieren.“ Weitere Reiseziele der beiden sind die USA und Kanada, Grönland und der Pazifik.

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