„Kirche verändert sich“ lautet das Motto der katholischen Kirchengemeinderatswahl. Doch offenbar nicht alle wollen dabei mithelfen. In einigen Gemeinden jedenfalls gibt es zu wenig Kandidaten.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Kirche verändert sich!“ – das ist das Motto für die Kirchengemeinderatswahl in diesem Jahr. Was seit den vergangenen Wahlen gleich geblieben ist, sind die verhältnismäßig wenigen Bewerber für die vielen Plätze: 504 Kandidaten aus 42 Gemeinden haben sich in diesem Jahr aufstellen lassen – für 388 Plätze. Der Großteil der Interessierten wird also auch in einen der Stuttgarter Kirchengemeinderäte einziehen können. Teilweise fehlen sogar Kandidaten. In drei Kirchengemeinden wird es gar kein Votum geben.

 

In Bruder Klaus und Herz Jesu im Stuttgarter Osten sowie in Sankt Barbara in Hofen haben sich nicht genügend Kandidaten gefunden. Die Zahlen der Gemeinden Sankt Fidelis und Sankt Franziskus lagen am Donnerstag noch nicht vor. Der Kandidatenmangel kommt nicht überraschend: „Wir hatten bei den letzten Wahlen einen ähnlichen Stand“, sagt Dekanatsreferentin Veronica Pohl. Bei der jüngsten Kirchengemeinderatswahl vor fünf Jahren konnte ebenfalls in drei Gemeinden nicht gewählt werden, 2005 waren es vier. In fünf Gemeinden kann die Wahl am Sonntag nur mit einer Sondergenehmigung aus Rottenburg stattfinden. Die Ausnahmegenehmigung ist dann erforderlich, wenn nicht mindestens zwei Kandidaten mehr gefunden werden konnten, als es Kirchengemeinderäte in der entsprechenden Gemeinde gibt.

Die Kirche hat dasselbe Problem wie die Vereine

Über Gründe für die fehlenden Kandidaten kann Veronica Pohl nur spekulieren: „Die Kirche hat dasselbe Problem wie die Vereine.“ Beruf und Privatleben würden immer komplexer, sodass Zeit für zusätzliches Engagement oft fehle. Für viele sei außerdem die verhältnismäßig lange Amtszeit ein Grund, sich nicht aufstellen zu lassen: „Die Menschen müssen heute mobiler sein als früher. Viele können sich nicht fünf Jahre an ein Amt binden“, weiß Pohl. Trotzdem hält sie es für wichtig, zu der Wahl zu gehen: „Die Stuttgarter Kirchen befinden sich mit dem pastoralen Projekt ,Aufbrechen’ stark in Bewegung, setzen Schwerpunkte und kooperieren enger.“ Durch den Urnengang könne man sein Vertrauen dem schenken, der die eigene Vision für die Kirche vor Ort vertritt.

Mittlerweile werden neben den Aufrufen in Gottesdienst, Pfarrblatt und Amtsblatt auch ungewöhnliche Wege beschritten, um Kandidaten zu finden: „Wir haben in Bäckereien Kandidatenboxen aufgestellt“, sagt Christiane Bundschuh-Schramm von der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Da wurden Zettel eingeworfen, auf denen die Bürger Kandidaten vorgeschlagen haben.“ Diejenigen, die von mehreren vorgeschlagen wurden, wurden angefragt, ob sie Interesse an einer Aufstellung hätten. „Wir haben von vielen Gemeinden gehört, dass dieser Weg sehr erfolgreich war“, so Bundschuh-Schramm. Außerdem dürfen bei dieser Wahl erstmals ein Drittel der Kandidaten aus anderen Kirchengemeinden kommen. Bei den vergangenen Wahlen war stets nur ein Viertel an externen Kandidaten erlaubt. „So kann man denjenigen entgegenkommen, die sich ihre Kirche bewusst aussuchen wollen, ohne an den Wohnort gebunden zu sein“, sagt Bundschuh-Schramm. Außerdem könnten so kleine Gemeinden mit wenigen Kandidaten unterstützt werden.

Traditionell mehr männliche als weibliche Kandidaten

Von den insgesamt 504 Kandidaten in ganz Stuttgart hat sich der Großteil in der Gruppe der 40-50-Jährigen gefunden: 154 treten hier an. Jedoch haben sich auch 52 Menschen zwischen 18 und 30 Jahren als Kandidaten aufstellen lassen, sowie 23 Katholiken zwischen 70 und 80 Jahren. Traditionell lassen sich auch mehr männliche Kandidaten als weibliche Kandidaten aufstellen: Nur in der Kategorie der 50 bis 60-Jährigen sind die Frauen in der Überzahl.

Wahlberechtigt am Sonntag sind alle Katholiken, die 16 Jahre oder älter sind und die seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in derselben Kirchengemeinde haben. Ihre Stimme können sie am Sonntag im Wahllokal ihrer jeweiligen Kirchengemeinde abgeben. In manchen Gemeinden ist die Wahl bereits am Vortag möglich. Dieses Jahr haben sich zudem erstmalig alle Gemeinden an der Briefwahl beteiligt und die Kandidatenliste im Vorhinein verschickt – auch in der Hoffnung, damit eine höhere Wahlbeteiligung zu erzielen. Die lag bei der vergangenen Wahl im März 2010 in Stuttgart bei 13 Prozent, in der gesamten Diözese Rottenburg-Stuttgart bei 25 Prozent.

Gleich zweimal zur Urne gerufen sind die 37 500 Katholiken der 16 Gemeinden anderer Muttersprachen, die ihre Pastoralräte wählen. „Hier haben sich 134 Kandidaten aufstellen lassen für 80 Plätze“, sagt Veronica Pohl. Ausgezählt wird noch am Sonntagabend, die Ergebnisse sollen am Montag bekannt gegeben werden.