Lehner Sensortechnik entwickelt ein System, das den Zustand von Nutzpflanzen überwacht

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Kirchheim - I n den Startlöchern steht die Technik, die Lehner Sensor-Systeme in Kirchheim entwickelt: Immer wenn das Handy klingelt, dann weiß beispielsweise der Esslinger Wengerter: „Weinberg im Schenkenberg hat Mehltau, bitte bekämpfen! Weinberg auf der Burghalde steht zu trocken, aber gießen ist unnötig, denn es wird morgen regnen!“

 

Lars Lehner forschte, forschte und forschte, und als er damit fertig war, hatte er die Idee für ein Produkt, dass die Landwirtschaft revolutionieren könnte. Lars Lehner ist Biologe und hat nicht, wie man erwarten könnte, Maschinenbau oder Betriebswirtschaft studiert, um den väterlichen Betrieb für Sensortechnik in Kirchheim zu übernehmen. Er beschäftigte sich mit Pflanzen, machte seinen Doktor in Freiburg über Pflanzenphysiologie und fand Erstaunliches heraus. „Pflanzen steuern sich genauso wie Tiere über elektrische Signale“, sagt er. So wie ein kleiner Strom durch den Nerv eines Tieres wandert, um beispielsweise ein Bein zu bewegen, so steuern auch Pflanzen mit Elektrizität ihre Blätter, ihren Wasserhaushalt und ihre chemischen Abwehrwaffen.

Die Biologen haben herausgefunden, dass Pflanzen gegen Schädlinge einfallsreiche Gegenmittel haben. Wenn eine Raupe an einem Tomatenblatt frisst, wandert ein elektrischer Reiz zu gewissen Blattzellen mit chemischen Wirkstoffen, die der Raupe den Appetit verderben. Anschließend wird das, was wir als aromatischen Tomatenduft kennen, von der Pflanze ausgestoßen, um die Nachbarpflanzen zu warnen, die dann ebenfalls ungenießbar werden. Ebenso haben die Biologen herausgefunden, dass jedes Mal, wenn eine Pflanze vom Tagbetrieb mit Sauerstoff-Erzeugung auf Nachtbetrieb mit Sauerstoff-Verbrauch umstellt, ein kleiner Strom durch die Pflanze läuft. „Damit werden verschiedene Gene angesteuert, die Veränderungen in der Pflanze bewirken“, sagt Lars Lehner.

Der Clou an der Sache ist, je nachdem, ob sich die Pflanze auf Wassersparen einstellt, auf Raupen, oder auf Pilzbefall sehen diese elektrischen Signale anders aus. Das bedeutet, wer einen geeigneten Sensor hat, weiß, ob die Pflanze durstig ist oder unter Mehltau leidet, und zwar lange, bevor man es der Pflanze ansieht. Und diese geeigneten Sensoren hat die Firma Lehner im Programm. Seit Jahrzehnten baut sie ihre High-Tech-Produkte in Maschinenstraßen ein, um Zeitungen zu drucken oder elektrische Schaltungen. Dahinter steckt eine Menge Elektronik, die dazu dient, die Maschine immer richtig zu kalibrieren.

Diese ganze Technik wird dann bald in einem Baum oder einem Weinstock hängen, oder in einem Maisfeld und überwacht die Pflanzen. Geht es ihr nicht gut, „ kann man rechtzeitig gegensteuern“, sagt Lehner, „man muss nicht mehr auf Verdacht spritzen, man gießt nicht mehr überflüssig.“ Sprich: Man spart in der landwirtschaftlichen Produktion Geld und Zeit.

Aber nicht nur in der Landwirtschaft. Ein großes Potenzial sieht Lehner auch bei den kommunalen Verwaltungen, die städtisches Grün beaufsichtigen müssen und sogar in der Architektur, wo künftig der Zustand von grünen Fassaden per Handy überwacht werden könnte.