Der eingeklagte Kita-Plätze wird für die wenigsten Eltern rechtzeitig kommen, prophezeit die Juristin Janna Beckmann vom Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht. Die Eltern hätten trotzdem etwas davon.


Frau Beckmann, der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz tritt am 1. August in Kraft. Können Eltern jetzt schon klagen?
Wegen der unmittelbar bevorstehenden Rechtsänderung können Sie das, wenn sie bereits eine Absage vom Jugendamt erhalten haben. In dieser Endgültigkeit wissen das die Eltern allerdings oft erst zu dem Zeitpunkt, da sie den Platz eigentlich brauchen. Die Klagemöglichkeit besteht daher auch, falls weiteres Abwarten auf eine Reaktion des Jugendamtes unzumutbar ist. Wir rechnen übrigens nicht mit einer übermäßig großen Klagewelle. Klagen werden wohl auch weniger die Eltern aus bildungsfernen Schichten, deren Kinder in einer Kita besonders gefördert werden könnten, sondern Eltern, die berufstätig sind und ohne Betreuungsmöglichkeit starke Einbußen befürchten.

Verklagt werden die Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Wie werden diese damit umgehen?
Das ist ganz unterschiedlich. Es gibt in der Formulierung des Gesetzes keine Priorisierung der Dringlichkeit. Die einen sind nicht berechtigter als die anderen. Also wird es Kommunen und Landkreise geben, bei denen der Förderbedarf des Kindes bei der Platzvergabe im Fokus steht und andere, die vor allem vermeiden werden, dass ihnen durch Zahlung für Verdienstausfall der Eltern oder Aufwendungsersatz, falls die Familie eine teure Privatkita engagieren muss, ein hoher Schaden entsteht.

Welcher Anspruch gilt in Bezug auf Fahrzeit zur Kita und Betreuungsumfang?
Der Platz muss wohnortnah sein. Hier gibt es allerdings keine gesetzlich geregelten Grenzen. Entscheidungen aus dem Bereich der Ü3-Plätze sprechen dafür, dass die maximal zumutbare Entfernung bei 20 bis 25 Minuten Fußweg oder Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln liegt. Ein Auto darf nicht vorausgesetzt werden. Was sie Betreuungszeiten betrifft, so dürfte der Grundanspruch aller Kinder mit einer Betreuung von mindestens vier Stunden an fünf Tagen pro Woche erfüllt sein. Wenn der individuelle Bedarf darüber hinausgeht und dies auch nachgewiesen werden kann, beispielsweise durch Arbeitsverträge, besteht der Anspruch auf bis zu neun Stunden pro Tag.

Wie sollten Eltern bei einer Klage vorgehen?
Wenn man bereit ist, sich dieser Belastung auszusetzen, kann man auch ohne Anwalt vorgehen. Die Klage sollte schriftlich erhoben werden oder bei der Geschäftsstelle des zuständigen Verwaltungsgerichtes zu Protokoll gegeben werden.