Der peruanische Konzertpianist Vladimir Valdivia hat in Stuttgart eine Heimat gefunden. Am Samstag spielt er um 17 Uhr in der Matthäuskirche.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Eine richtige Kindheit hatte Vladimir Valdivia nicht. Fußball spielen, mit Freunden nachmittags draußen sein – all das gab es in seinem Leben nicht. Für ihn ist das nicht schlimm, sagt der 45-Jährige heute. Das hat auch einen Grund: „Ich habe bereits mit fünf Jahren meine Bestimmung gefunden“, erinnert sich der gebürtige Peruaner. Diese Bestimmung kam zufällig in sein Leben. Sein Vater kaufte eines schönen Tages ein Klavier. Weil der kleine Junge so gerne darauf herumklimperte, besorgte die Mutter ihm eine Klavierlehrerin in der Nachbarschaft. Die entdeckte Vladimir Valdivias Talent. Von diesem Moment an lebte er sein Leben für die Musik.

 

Eine Konzert-Tournee brachte den Durchbruch

Gerade einmal sechs Jahre war der quirlige Südamerikaner, als er am Conservatorio Nacional de Musica anfing und seine spätere Laufbahn als Konzertpianist startete. „Klavier muss man früh anfangen“, sagt er bei einem Kaffee im Café Künstlerbund in der Stuttgarter Innenstadt. Zehn Stunden übte er täglich, die Schule schloss er nebenbei ab. Mit 17 Jahren hatte er sein Diplom als Konzertpianist in der Tasche.

Das brachte ihm aber zunächst gar nichts. Talentiert zu sein, hart zu arbeiten und tagtägliches unermüdliches Üben verhilft allein nicht zur großen Karriere. Die Konkurrenz sei extrem, sagt er. Nicht wenige große Pianisten verdanken ihren späteren Erfolg einer glücklichen Fügung. Das war es letztlich auch, was Valdivia half. Auf einer vierwöchigen Kammermusik-Tournee im Januar 1989 durch Westdeutschland hörte ihn am letzten Abend Professor Ludwig Hoffmann von der Musikhochschule München und nahm ihn danach in seine Meisterklasse auf. Valdivia nennt das bescheiden „Schicksal“.

Seitdem spielt er rund 65 Konzerte im Jahr, in circa 20 verschiedenen Ländern ist er aufgetreten. Die Begeisterung für den Moment, wenn er auf der Bühne steht, ganz bei sich ist, sich nur auf sein Spiel konzentriert, hat den 45-Jährigen Wahl-Stuttgarter aus dem Osten nie wieder losgelassen.

Auch weil er einen Auftrag hat: „Ich will, dass die Menschen beglückt nach Hause gehen.“ An ein richtig gutes Konzert erinnere man sich oft noch Tage, sogar Wochen. In stressigen Zeiten sei dies ein wichtiger seelischer Ausgleich. Ein Geschenk quasi. Dabei sei es für einen Pianisten nicht so wichtig, ob er den richtigen Ton treffe, ein Stück bis zur Vollendung perfekt spiele, sondern er muss „mit Herz und Seele spielen“. Das fasziniere die Menschen.

Demut und Bescheidenheit zeichnen ihn aus

Dazu gehört für ihn auch, dass ein Künstler Demut und Bescheidenheit vor dem Werk großer Komponisten zeigt. Valdivia spielt am liebsten Werke von Mozart, Beethoven, Schubert und Chopin. Die europäischen „Genies“, wie er sie bezeichnet, haben es ihm angetan. In der Thomaskirche in Leipzig – Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach – spielen zu dürfen oder im Beethovenhaus in Bonn bezeichnet der Künstler deshalb rückblickend als „große Augenblicke“ seines Lebens. Er geht sogar noch weiter: Für ihn ist es ein Privileg genau in dem Land zu leben, aus dem viele große Komponisten stammen.

Fast drei Jahrzehnte lebt Valdivia nun in Deutschland. Bereut hat er es nie, dass er in jungen Jahren sein Land verlassen hat. „Niemals“, betont er. Dabei seien die ersten Jahre in München und Stuttgart sehr schwierig gewesen. Seine Eltern sah er sieben Jahre lang nicht. „Aber ich habe eben immer zuerst an die Kunst, an die Musik gedacht“, sagt er. Seit 15 Jahren habe er nun neben den Tönen eine zweite Welt: seine Familie. Die drei Söhne spielen natürlich auch Klavier – allerdings nur als Hobby.