Ein Buch erzählt die Geschichten von Kleindenkmalen im Kreis Esslingen. Die Spurensuche wird als beispielhafte Zusammenarbeit von Ehrenamt und Profis gefeiert.

Kreis Esslingen - Das Buch „Auf Spurensuche, Kleindenkmale im Landkreis Esslingen“, seit dem 29. November auf dem Markt, 240 Seiten mit vielen Abbildungen, kostet im Buchhandel 18,50 Euro. Aber eigentlich, da waren sich alle Redner anlässlich der Vorstellung am Mittwoch im Landratsamt einig, ist es unbezahlbar. Unbezahlbar, weil es die kulturellen Schätze am Wegesrand in den Mittelpunkt rückt und damit die „wahren Urkunden der Geschichte“ erhält, wie es Ulrike Plate vom Landesamt für Denkmalschutz Baden-Württemberg hervorgehoben hat.

 

Unbezahlbar, weil Kleindenkmale in einem dicht besiedelten Landschaftsraum, wie ihn der 518 000 Einwohner zählende Kreis Esslingen darstellt, immer besonderes gefährdet sind. „Nur, wenn wir unsere Schätze kennen, können wir sie schützen“, sagt der Esslinger Landrat Heinz Eininger.

4000 Kleindenkmale wurden gesichtet

Unbezahlbar auch für das Kreisarchiv Esslingen, dessen Leiter, Manfred Waßner, gemeinsam mit Norbert Häuser als Herausgeber auftritt. Die Detektivarbeit hat nicht nur die 140 im Buch beschriebenen Denkmale zu Tage gefördert. Rund 4000 Einzelpositionen sind im Rahmen der Dokumentation lokalisiert und archiviert worden. „Das ist alles im Kreisarchiv öffentlich zugänglich“, sagt Waßner.

Unbezahlbar ist die Fleißarbeit schließlich auch im eigentlichen Wortsinn. Das Buch stützt sich auf den ehrenamtlichen Einsatz von 128 Frauen und Männern, die in den vergangenen drei Jahren, unterstützt und angeleitet von den Profis im Landesamt für Denkmalschutz zur Spurensuche im gesamten Kreisgebiet ausgeschwärmt waren. „Das ist ein wegweisendes Beispiel einer Zusammenarbeit von Ehrenamt und hauptamtlichen Fachleuten gewesen. Diesen Aufwand über Stundensätze zu entlohnen, wäre gar nicht möglich gewesen“, sagt Reinhard Wolf, Vorstandsmitglied des Schwäbischen Heimatbundes und der stellvertretende Vorsitzende des Schwäbischen Albvereins.

Zeugen des einfachen Lebens

„Wir haben hier ein Geschichtenbuch über das Leben der einfachen Bevölkerung“, fasst Martina Blaschka, die im Landesamt zuständige Koordinatorin des Projekts den Alltagswert des Buches zusammen. Anders als die meist in den Museen gesammelten Zeugen der Hochkultur seien die Kleindenkmale das Sachgedächtnis des Alltagslebens. Als deren schlimmsten Feind machte die Fachfrau nicht etwa den Zahn der Zeit, sondern die Unkenntnis und das Vergessen aus. „Wenn Waldarbeiter mit Großmaschinen ernten, dann kommt der unauffällige Grenzstein schnell mal unter die Räder“, klagt Martina Blaschka.

Das Schlusswort bleibt Norbert Häuser vorbehalten, dem Mann, über dessen Schreibtisch alle Aufzeichnungen gegangen waren. Am Beispiel des Zuchthäusles in Aichschieß erzählt er die Geschichte hinter dem Denkmal. Wie in der Zelle mit dem schmiedeeisernen Tor ledige Mütter 14 Tage lang bei Wasser und Brot ihre „Verfehlung“ hatten bereuen müssen – und das, nachdem sie zuvor in der Kirche abgekanzelt worden waren. „Die gute alte Zeit war nicht immer so gut“, so das Fazit, mit dem Häuser wohl bewusst etwas Wasser in den Freudenwein gießen wollte.

Nachgefragt: Geschichten und Geschichte

Der Esslinger Kreisarchivar Manfred Waßner ist Mitherausgeber des Buchs über Kleindenkmale im Landkreis. Er hat die schwierige Aufgabe gehabt, die 170 im Buch vorgestellten Denkmale aus rund 4000 erfassten Vorschlägen auszuwählen.
Herr Waßner, wie haben sie ausgewählt?
Kleindenkmale erzählen Geschichten und stehen für Zeitgeschichte. Dieser Anspruch hat uns bei der Auswahl geleitet. Und dann haben wir darauf geachtet, dass sich jede der 44 Städte und Gemeinden in dem Buch wiederfindet.

Was ist ein Kleindenkmal?
Es gibt eine offizielle Definition, die von kleinen, ortsfesten und von Menschen geschaffenen Gebilden spricht. Greifbarer finde ich, was die Denkmalpflegerin Ulrike Plate mal gesagt hat: es seien „Dinge, die da in der Landschaft stehen“.

Zum Beispiel?
Das kann das von einem Graffiti-Künstler bemalte Bushäuschen in Zizishausen ebenso sein, wie der überwucherte Oberleitungsmast der ehemaligen Straßenbahn Esslingen-Nellingen-Denkendorf oder die Eiserne Hand mit ihrer wechselvollen Geschichte auf dem Schurwald.

Was ist ihr Lieblingsdenkmal?
Der Ring, mit dem die Filderbauern in Echterdingen an Markttagen ihr Vieh an der Kirchhofsmauer angebunden haben. Das kleine Stück sagt viel über die Entwicklung des Filderraums aus.

Das Buch ist der Band 1 einer Reihe zur Geschichte und Gegenwart im Landkreis. Wovon wird der zweite Band handeln?
Wir denken daran, die Erkenntnisse über die Burgen im Kreis zu veröffentlichen.