Weinstadts Klimaschutzaktionsplan steht. Genau ein Jahr hat es gedauert, ihn aufzustellen. „Das Konzept ist auf breiten Schultern entstanden“, blickt der städtische Klimaschutzmanager Friedrich Huster auf das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt zurück. Das „Herzstück“ habe dabei ein Expertenrat gebildet, der neben Vertretern der Kommunalpolitik auch mit Verantwortlichen von örtlichen Vereinen, Mitgliedern des Klimabündnisses Weinstadt, des Stadtseniorenrats und des Jugendgemeinderats besetzt war sowie mit Unternehmensvertretern, Mitarbeitern der Stadtwerke Weinstadt und des von der Stadt mit der Aufstellung des Aktionsplans beauftragte Freiburger Beratungsunternehmen „endura kommunal“.
Entstanden ist ein knapp 100-seitiges Werk
Kontrovers sei in dem Gremium oftmals diskutiert worden „Und es wurden die richtigen Fragen gestellt, auf die im Prozess dann reagiert wurde.“ Darüber hinaus gab es weitere Beteiligungsformen, wie etwa eine Unternehmensbefragung und eine Klimawerkstatt für Bürger. Entstanden daraus ist ein knapp 100-seitiges Werk mit fünf Handlungsfeldern: Stadtverwaltung, Wohnen und Leben, Wirtschaft, Mobilität und Energieversorgung.
Die Basis dafür ist eine von „endura kommunal“ vorgenommene Bilanz über den Energieverbrauch in Weinstadt nach genutzten Ressourcen, seiner Höhe in unterschiedlichen Sektoren und den Kohlenstoffdioxidausstoß dadurch. Danach macht mit fast 50 Prozent der Wärmeverbrauch – wofür als Energiequellen vor allem Heizöl (38 Prozent) und Gas (49 Prozent) genutzt werden – den größten Anteil aus, vor Kraftstoffen (31 Prozent) und Strom (22 Prozent). Als größte Verbraucher haben sich Privathaushalte erwiesen mit 48 Prozent, gefolgt vom Verkehr mit 31 Prozent und der Wirtschaft mit 18 Prozent bei einem Gesamtverbrauch von etwas mehr als 453 000 Megawattstunden.
Davon ausgehend habe man Einsparpotenziale ermittelt und Szenarien entworfen, wie in den fünf Handlungsfeldern das allem übergeordnete Ziel der Klimaneutralität erreicht werden könne, erläutert Huster. Die entscheidende Frage dabei: Wie kann die Verwaltung beeinflussen und strukturieren? Denn klar sei: „Wir haben vieles in der Hand, aber nicht alles.“ So könne man im Handlungsfeld Stadtverwaltung Maßnahmen wie zum Beispiel die Umstellung auf energieeffiziente Straßenbeleuchtung umsetzen oder kommunale Gebäude klimafit machen. Zudem habe man mit den örtlichen Stadtwerken als städtisches Tochterunternehmen „einen sehr direkten Hebel“, sagt Huster und denkt dabei etwa an den im Bau befindlichen Solarpark auf dem Schönbühl. Mit diesem könne man auf einen Schlag den aktuellen Bedarf zu zehn bis 15 Prozent abdecken.
Auf andere Unternehmen habe man hingegen keinen so direkten Einfluss. Bei der Wirtschaft setze man daher den Fokus auf Vernetzung, um Ziele wie eine klimaneutrale Produktion zu erreichen – wobei man auch Landwirtschaft und Weinbau berücksichtige. Im Bereich Wohnen und Leben sei es wichtig, „die Bürgerschaft positiv mitzunehmen“ für etwa eine flächenschonende Stadtentwicklung, klimafitte Gebäude und den Einsatz energieeffizienter Haushaltsgeräte. Bei der Mobilität sei das Aktionsprogramm eng verzahnt mit einem weiteren Großprojekt der Stadt, dem Integrierten Mobilitätsentwicklungsplan, kurz Imap. Dieser sehe etwa vor, die Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur in der Stadt zu stärken. Weitere parallel laufende Großprojekte in Sachen Klimaschutz, die mit dem Aktionsplan ineinandergreifen, seien neben dem Imap und dem Solarpark auf dem Schönbühl unter anderem der bereits abgeschlossene Flächensuchlauf für Windkraft, die kommunale Wärmeplanung und die Holzbauoffensive des Landes, für die Weinstadt als eine von 18 Kommunen ausgewählt wurde, um Lösungsstrategien für nachhaltigen Städtebau zu entwickeln.
Der Prozess ist mit dem Aktionsplan nicht abgeschlossen
Zudem ist der Klimaschutzaktionsplan kein Papiertiger. Denn mit seinem Votum dafür hat der örtliche Gemeinderat zugleich auch einer Reihe von Sofortmaßnahmen zugestimmt. Dazu gehört ein jährliches Klimamonitoring. „Denn mit dem Aktionsplan ist der Prozess keinesfalls abgeschlossen, im Gegenteil, er geht jetzt erst richtig los“, betont Huster. Hierzu sei es wichtig, sich immer wieder zu vergewissern, wo man in der Umsetzung stehe. Im Falle der Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED sei man mit einer bereits in den vergangenen Jahren erreichten Austauschquote von 86 Prozent schon recht weit. Lediglich 600 Leuchten müssten noch umgerüstet werden, berichtet Friedrich Huster.
Des Weiteren gibt es ein Sanierungspaket für kommunale Liegenschaften, für das knapp eine Million Euro im aktuellen Etatplan eingestellt ist. Dazu soll eine Sanierungsstrategie entwickelt werden. Beschlossen ist außerdem, zeitnah Tempo-30-Limits auf der Stuttgarter Straße, Schurwaldstraße, Ulrich-, Buhl- und Poststraße einzuführen. Darüber hinaus ist die Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft geplant. „Das ist ein ganz wichtiges Thema, nicht nur um privates Kapital zu generieren, sondern auch, weil die Leute so für das Thema aktiviert werden.“ Und für Unternehmen soll unter der Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters das Weinstädter Klimanetz ins Leben gerufen werden. „Dazu schwebt uns eine digitale Plattform zum Austausch vor“, sagt Friedrich Huster.