Klimaschutz Wie die Energiewende gelingen kann

Wind und Sonne – hier ein Wind- und Solarpark in Mecklenburg-Vorpommern – sollen Deutschland klimaneutral machen. Foto: dpa/Jens Büttner

Egal, wie die nächste Bundesregierung aussehen wird – das Ziel der Klimaneutralität wird sie zu einschneidenden Änderungen zwingen. Wir beleuchten zentrale Punkte der Energie- und Klimapolitik und beantworten wichtige Fragen dazu.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Egal, wie die nächste Bundesregierung aussehen wird – das Ziel der Klimaneutralität wird sie zu einschneidenden Änderungen zwingen. Wir beleuchten zentrale Punkte der Energie- und Klimapolitik und beantworten wichtige Fragen dazu.

 

Welche Emissionsziele hat sich Deutschland gesetzt?

Im Juni hat der Bundestag beschlossen, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll. Dann dürfen nur noch so viel Treibhausgase ausgestoßen werden, wie der Atmosphäre im gleichen Zeitraum entzogen werden. Dabei sollen auch Aufforstungen oder die Speicherung von Kohlendioxid berücksichtigt werden. Nach 2045 soll sogar mehr CO2 aus der Luft geholt werden, als neu emittiert wird. Der nötige Umbau betrifft alle Lebensbereiche – vom Verkehr über Industrie und Landwirtschaft bis hin zum Wohnen.

Wie haben sich die Emissionen in einzelnen Bereichen entwickelt?

Am weitesten fortgeschritten ist die Energiewende bei der Stromerzeugung. Hier kommen aktuell knapp 48 Prozent des Stroms aus erneuerbaren und damit klimaneutralen Quellen. Da Strom aber nur rund ein Fünftel des Energieverbrauchs ausmacht, kommen regenerative Energien trotz jahrelanger Ökostromförderung insgesamt nur auf einen vergleichsweise geringen Anteil. Besonders gering ist der Anteil der Erneuerbaren im Verkehrssektor, der noch zu rund 95 Prozent am CO2-intensiven Erdöl hängt. Während etwa die Industrie heute gut ein Drittel weniger CO2 ausstößt als 1990, sind die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen in diesem Zeitraum nahezu gleich geblieben. Die Motoren sind zwar effizienter geworden, doch das wurde durch größere und schwerere Autos und mehr Verkehr ausgeglichen.

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Welche Rolle spielen Elektroautos?

Der Ausbau der Elektromobilität ist erklärtes Ziel aller großen Parteien. Tatsächlich sind batteriebetriebene Autos heute schon klimafreundlicher als Benziner oder Diesel – auch wenn man dabei den ökologischen Fußabdruck der aufwendigen Batterieherstellung berücksichtigt. Und die Treibhausgasbilanz der Stromer wird sich in den nächsten Jahren weiter verbessern – zumindest wenn die Ökostromproduktion mit dem Ausbau der E-Mobilität mithalten kann. Zudem wird die Klimabelastung durch die Batterieherstellung von Jahr zu Jahr geringer, weil die Fabriken effizienter werden und ihrerseits mehr erneuerbare Energien nutzen. Bis E-Autos wirklich klimaneutral fahren, werden aber noch einige Jahre vergehen. Wiebke Zimmer, Mobilitätsexpertin beim Öko-Institut, gibt zudem zu bedenken: „Eine klimaneutrale Mobilität braucht mehr als einen steigenden Anteil E-Pkw an den Neuzulassungen.“ Es sei auch nötig, den Autoverkehr zu verringern. Das sei zum einen durch kürzere Wege möglich, zum anderen durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie mehr Rad- und Fußgängerverkehr.

Welche Chancen bietet Wasserstoff?

Politik und Industrie setzen große Hoffnungen auf das leichteste aller Elemente. Wasserstoff hinterlässt bei seiner Verbrennung oder bei der Nutzung in Brennstoffzellen lediglich Wasserdampf. Zudem eignet er sich zur Speicherung elektrischer Energie über längere Zeiträume. Wird das Gas per Elektrolyse aus Ökostrom gewonnen, belastet es das Klima nicht, man spricht dann von grünem Wasserstoff. Allerdings gibt es dafür noch kaum Produktionskapazitäten. Vielmehr dominiert grauer Wasserstoff, der aus Erdgas oder Erdöl hergestellt wird. Auch Wasserstofftankstellen sind sehr dünn gesät. Experten wie Markus Hölzle, Vorstandsmitglied beim Zentrum für Solarenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm, gehen davon aus, dass sich die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle vor allem in Lastwagen und Bussen durchsetzen wird. Im Pkw seien Batterien die bessere und kostengünstigere Lösung. Für sinnvoll hält es Hölzle auch, grünen Wasserstoff ins Erdgasnetz einzuspeisen und so fossiles Erdgas zu ersetzen. Der Vorteil: „Die nötige Infrastruktur gibt es bereits.“

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Wie wird die Industrie klimafreundlicher?

Die Industrieproduktion hat ihre Energieeffizienz in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Dazu tragen viele technische Verbesserungen wie etwa die konsequente Nutzung von Abwärme bei. Dieser Trend wird anhalten. Hinzu kommt der verstärkte Einsatz von Ökostrom und grünem Wasserstoff. In der Chemieindustrie geht es zum einen darum, enorme Mengen an Wärmeenergie zu ersetzen, die bislang aus fossilen Quellen stammen. Gleichzeitig arbeiten Forscher daran, wichtige Ausgangsstoffe für chemische Synthesen wie Ameisensäure oder Synthesegas – ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff – mithilfe erneuerbarer Energien herzustellen. Auch für die klimafreundliche Stahlproduktion durch die sogenannte Direktreduktion wird grüner Wasserstoff benötigt.

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