Bis März solle der Sanierungsplan für die Krankenhäuser Herrenberg und Leonberg stehen, sagt die Geschäftsführerin des Klinikverbunds Südwest, Elke Frank. Parallel dazu geht die häuserübergreifende Zusammenlegung von Fachabteilungen weiter.

Sindelfingen - Ein aufregendes Jahr liegt hinter Elke Frank, der Geschäftsführerin des Klinikverbunds Südwest, und ihrem Team. Die Stadt Sindelfingen ist als Gesellschafter ausgeschieden, ein Medizinkonzept für alle sechs Häuser wurde erstellt, gegen das Bürger und Kommunalpolitiker im nördlichen Landkreis Sturm liefen. Jetzt hat das Sozialministerium sein Okay zum vorgelegten Konzept mit einem Zentralklinikum auf dem Flugfeld gegeben. Wie geht es nun weiter? Dazu haben wir die Geschäftsführerin befragt.
Frau Frank, wie erleichtert sind Sie über die Entscheidung des Landeskrankenhausausschusses?
Sehr. Denn es ist schwierig, den Klinikverbund zu führen,und zu wissen, man hat ein Ziel, aber dieses Ziel liegt noch ein Stück im Nebel. Ohne die Entscheidung des Landeskrankenhausausschusses war es einfach schwierig, eine Unternehmensstrategie festzulegen. Denn wir wussten ja nicht, kommt der Neubau oder nicht, wie viele Betten müssen wir abgeben. Damit standen wir sehr lange an einer Wegkreuzung. Jetzt gibt es eine Entscheidung und wir wissen, was kommt. Jetzt geht es um das Wie.
Wie groß war die Sorge, dass ein Nein zum Medizinkonzept kommen könnte?
Da sitzen ganz viele Menschen in diesem Ausschuss. Wenn man die einzelnen befragt hat, hieß es immer: super Konzept. Trotzdem standen wir unter einer gewissen Anspannung, als es an die Entscheidung des Gesamtgremiums ging. Aber wir haben nicht nur das Okay zu unserem Konzept bekommen, sondern ein großes Lob des Sozialministeriums: Unser Medizinkonzept über zwei Landkreise hinweg wäre einmalig für Baden-Württemberg und sogar bundesweit. Das macht uns stolz.
Ehrlich gesagt waren wir ein wenig enttäuscht. Wir hatten uns mehr erwartet: konkrete Zahlen über die Höhe der Förderung durch das Land für die beiden Neubauten in Calw und auf dem Flugfeld.
Nein, nein, das war uns schon klar. Die Entscheidung war eine Empfehlung für das Kabinett für die Bereitstellung der ersten Planungskostenrate. Wie hoch die Förderung für die beiden Neubauten sein wird, das wissen wir: 95 Prozent der förderfähigen Flächen.
Wie viel der tatsächlichen Kosten von heute geschätzten 350 Millionen Euro für die Flugfeldklinik werden gefördert?
Die förderfähigen Flächen hängen vom Raum- und Funktionsplan ab, den wir jetzt entwickeln müssen. So sind Flächen für die ambulante Behandlung – wie angeschlossene Arztpraxen – nicht förderfähig. So etwas sieht unser Medizinkonzept aber vor. Ich rechne in Anlehnung an die Neubauten in Winnenden und Villingen-Schwenningen mit etwa 40 Prozent Zuschuss für die Baukosten.
Die Vorgaben des Landeskrankenhausausschusses sind ziemlich detailliert. 200 Betten soll der Klinikverbund Südwest in den kommenden Jahren in seinen Häusern abbauen.
Diese Zahlen gelten aber erst, wenn das Medizinkonzept komplett umgesetzt ist und die beiden Klinikneubauten stehen. Es gibt Vorgaben bis zur Fertigstellung der Neubauten und für danach.
Außer der Klinik Nagold müssen alle Häuser Betten abbauen. Für Leonberg ist eine Reduzierung von heute 239 auf 162 Planbetten vorgesehen, für Herrenberg von 150 auf 104. Gibt es Spielraum für Verhandlungen?
Noch gibt es keinen formalen Bescheid vom Sozialministerium über die Zahl der Planbetten. Dabei handelt es sich um die Betten, die vom Land gefördert werden. Wenn sich später ein Mehrbedarf ergibt, können weitere Betten nachträglich bezuschusst werden. Doch scheinen die Zahlen realistisch. So hat das Leonberger Krankenhaus zurzeit im Schnitt nur 180 belegte Betten. Das hat mit dem medizinischen Fortschritt und den vielen ambulanten Operationen zu tun. Heute verbringt ein Patient im Schnitt etwa fünf bis sechs Tage in unseren Kliniken, vor 20 Jahren waren es noch doppelt so viele. Deshalb braucht man weniger Betten als früher.
Befürchten Sie angesichts dieser Planbettenzahlen nicht erneute Debatten über Standortschließungen?
Ich diskutiere nicht mehr über Standorte. Die sind mit unserem Konzept gesetzt und vom Land bestätigt. Jetzt geht es darum, dieses Medizinkonzept umzusetzen und ein wirtschaftliches Ergebnis zu erreichen.
Was sind die nächsten Schritte?
Zum einen gibt es im Januar eine große Klausurtagung mit den Chefärzten des Klinikverbundes, bei der wir darüber sprechen, wie das Konzept für die einzelnen Fachbereiche und Abteilungen nach und nach umgesetzt wird. Parallel dazu erarbeitet uns ein Planungsbüro bis März 2015 einen Plan, in welchen Schritten die Sanierung der Kliniken in Herrenberg und Leonberg erfolgen soll. 24 Millionen Euro investieren wir in Herrenberg, 38 in Leonberg.
Was ist konkret geplant?
In Herrenberg gibt es Baumaßnahmen im OP, den Intensivstationen sowie die Brandschutzerneuerung. Außerdem müssen sämtliche Stationen saniert werden. In Leonberg gibt es sehr viele technische Themen: Brandschutz, Stromversorgung, Kältetechnik, bevor dann die für die Patienten sichtbaren Bereiche wie die Intensivstation oder die Notaufnahme an der Reihe sind. Die ganze Sanierung hängt eng zusammen mit dem Medizinkonzept. Zu diesem gehört ja eine engere Verzahnung mit ambulanten Dienstleistern wie Arztpraxen. Diese könnten beispielsweise in einen seit Jahren leer stehenden Trakt des Leonberger Krankenhauses einziehen. Alle Arbeiten erfolgen unter laufendem Betrieb. Das heißt wir brauchen einen genauen Zeit- und Raumplan.
Wie lange wird es dauern, bis die Sanierungen abgeschlossen sind?
Einige Jahre. Allein eine Stationssanierung braucht 14 Monate. Und wir haben jeweils mehrere Stationen auf der Liste. Parallel zu dieser baulich-betrieblichen Planung läuft die organisatorische.
Das bedeutet?
Die Bildung klinikübergreifender Fachbereiche, die wir ja bereits begonnen haben. Nehmen sie die Gynäkologie Böblingen-Leonberg. Die läuft ausgezeichnet. Wir haben zum ersten Mal seit Jahren wieder steigende Geburtenzahlen am Leonberger Krankenhaus. Wir konnten unsere Leistungen dort um zehn Prozent steigern – und das nicht etwa auf Kosten der Böblinger Klinik. Auch dort verzeichnen wir Leistungszuwächse in der Gynäkologie. In Herrenberg haben wir einen Spezialisten für Hernienchirurgie, also Brüche der Bauchwand, der auch Patienten aus Böblingen behandelt. Darmkrebseingriffe, die eines zertifizierten Zentrums bedürfen, werden hingegen von Herrenberg nach Böblingen verwiesen. Momentan arbeiten wir zudem an der Zusammenlegung der Fachbereiche Radiologie von Leonberg und Böblingen.
Was macht das Defizit des Verbunds?
Wir sind dieses Jahr dreieinhalb Millionen Euro besser als im Wirtschaftsplan vorgesehen. Wir rechnen Ende des Jahres mit knapp 20 Millionen Euro Defizit für alle sechs Kliniken des Verbundes.
Das ist noch weit entfernt von der schwarzen Null, die Sie den Gesellschaftern versprochen haben.
Ohne die Investitionskosten streben wir für 2016 ein ausgeglichenes Betriebsergebnis an.
Wie sieht der Klinikverbund Südwest in fünf Jahren aus?
Da stehen wir kurz vor dem Umzug in die neuen Häuser. Und die Kooperation der Kliniken läuft dann über alle Abteilungen hinweg. Es wird dann beispielsweise ein Zentrum für Kardiologie Sindelfingen-Leonberg geben. Unsere jungen Ärzte absolvieren dann ihre Ausbildung in den verschiedenen Fachzentren in allen Häusern des Verbundes.
Ist das Ziel der Umzug der Kliniken Sindelfingen-Böblingen auf das Flugfeld im Jahr 2020 realistisch?
Rechnen Sie mal mit 2021/2022.