Seit fast 300 Jahren wird den Ludwigsburgern die Zeit per Glockenschlag angesagt: nicht nur zu jeder vollen, sondern auch zur Viertelstunde machte es an der evangelischen Stadtkirche Bim, Bam – und das bei Tag und bei Nacht. Nun soll das Uhrengeläut nachts verstummen.

Ludwigsburg - Seit fast 300 Jahren wird den Ludwigsburgern die Zeit per Glockenschlag angesagt: nicht nur zu jeder vollen, sondern auch zur Viertelstunde machte es an der evangelischen Stadtkirche Bim, Bam – und das bei Tag und bei Nacht. Nun soll das Uhrengeläut nachts verstummen. Anwohner hatten die akustische Zeitangabe als Lärmbelästigung eingestuft und auf ihre Nachtruhe gepocht. Der Kirchengemeinderat hat sich dem jetzt „nach sehr kontroverser Debatte“ gebeugt.

 

„Gemeinde ist eingeknickt“

Das Hauptärgernis besteht für die Glockenkritiker beim Schlag zur vollen Stunde: Denn der ist gedoppelt – ein hoher Ton kommt vom Südturm und ein tiefer vom Nordturm. Vor allem die hochtönenden Glocken seien tatsächlich sehr laut, räumt Stadtkirchenpfarrer Wolfgang Baur, der selbst unweit der Kirche wohnt, ein. Darum habe man auch länger darüber diskutiert, ob man nur einen von beiden abschalten sollte, um so zu einem Kompromiss zu kommen. Doch das wäre ziemlich teuer gekommen. Experten schätzten die Kosten für eine solche Teilabschaltung auf einen vierstelligen Betrag. Soviel wollte die Stadtkirchengemeinde dafür nicht ausgeben. Zumal nicht sicher war, ob damit auch wirklich der Friede mit den Anwohnern wiederhergestellt werden könnte. „Letztlich wollten wir nicht gegen das Ruhebedürfnis der Nachbarn anargumentieren“, sagt Pfarrer Baur.

Klaus Miekley, der Laienvorsitzende des Kirchengemeinderats, bedauert, dass man „eingeknickt“ ist. „Aber nachdem uns der Oberkirchenrat nicht den Rücken gestärkt hat, mussten wir so entscheiden.“ Von dort sei das Signal gekommen, dass die Gemeinde vielleicht noch ihr Recht auf einen Glockenschlag durchboxen könne, aber nicht auf einen Doppelschlag. Eine spitze Bemerkung wollte sich Miekley denn auch nicht verkneifen: „Die nächtlichen Güterzüge werden nun nicht mehr durch das Geläut der Stadtkirche gestört.“

Neue Zeitrechnung

Wann die neue Zeitrechnung am Ludwigsburger Marktplatz beginnen wird und ob das Uhrwerk im Glockenstuhl schon um 22 Uhr oder doch erst eine Stunde später auf Schlafmodus umgestellt wird, ist noch nicht festgelegt. Dazu muss sich der Kirchengemeinderat noch mit einem Techniker abstimmen, der die historische und sehr diffizile Anlage entsprechend neu justieren kann.