Flüchtlinge mit wenig Aussicht auf ein Bleiberecht unterliegen künftig strengeren Auflagen. Die Spitzen der großen Koalition haben unter anderem beschlossen, dass die Residenzpflicht wieder eingeführt wird.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - In Bamberg und Manching wird demnächst zu besichtigen sein, ob es sich für den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer gelohnt hat, die Kanzlerin zu erpressen. In der vergangenen Woche hatte er Angela Merkel ein Ultimatum gesetzt. Seehofer handelte aus schierer Not – seine Drohung an Merkels Adresse wurde als Hilfeschrei interpretiert. Bayern ist das Einfallstor nach Deutschland für die Flüchtlinge von der Balkanroute.

 

Seehofers Zauberwort, von dem er sich eine Entspannung der Lage versprach, hieß „Transitzone“. Damit sind Aufnahmezentren an der Grenze gemeint, in denen Asylbewerber mit zweifelhaften Ansprüchen auf Schutz in Deutschland analog zum umstrittenen Flughafenverfahren im Expresstempo überprüft werden sollen. Die SPD hatte Seehofers Plan als „Massenhaftanstalt“ geschmäht. Sie hatte sich statt dessen dafür eingesetzt, die Asylverfahren in so genannten Einreisezentren abzuwickeln. Zäune sollten tabu sein. In vielen Details gab es indes kaum Unterschiede zwischen Seehofers Transitzzonen und den sozialdemokatischen Einreisezentren.

Drei bis fünf Zentren soll es geben

Jetzt sollen diese Institutionen Registrierzentren heißen. Zunächst sind drei bis fünf geplant. Je eines soll nach Bamberg und Manching kommen. Dort unterhält die bayerische Landesregierung bereits jetzt spezielle Unterkünfte für Flüchtlinge aus den Balkanländern. Sie werden aus diesen Lagern direkt abgeschoben – falls sie nicht freiwillig die Heimreise antreten.

Ohne Registrierung soll es künftig weder möglich sein, einen Asylantrag zu stellen, noch werde Sozialhilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt, so die Kanzlerin nach dem Treffen mit Seehofer und SPD-Chef Gabriel am Donnerstag. Für Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern oder solchen, die zum wiederholten Male einen Asylantrag stellen beziehungsweise ohne Pass einreisen wollen, ist ein beschleunigtes Verfahren vorgesehen. Über ihren Asylantrag soll binnen einer Woche entschieden werden. Zwei weitere Wochen bleiben, um Rechtsmittel einzulegen. Nach drei Wochen ist die Heimreise anzutreten – im Zweifelsfall werden die Betroffenen abgeschoben. Sie unterliegen in den Registrierzentren einer „verschärften Residenzpflicht“. Das bedeutet: Sie dürfen sich nur in der jeweiligen Stadt oder dem Landkreis aufhalten, in dem sich das Zentrum befindet – werden aber nicht eingesperrt. Wer sich davon macht, dem wird die Sozialhilfe gestrichen. Außerdem wird sein Asylantrag nicht weiter behandelt. In solchen Fällen muss eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt werden. Das ist aber nur ein einziges Mal möglich.

Familiennachzug soll ausgesetzt werden

Die Koalitionäre haben sich auf weitere Maßnahmen verständigt, welche die Union bereits am Sonntag in einem sechsseitigen Positionspapier skizziert hatte. So ist vorgesehen, das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre auszusetzen. Das soll aber nur für Ausländer gelten, die weder Asylrecht haben noch Schutz gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, die aber dennoch vorübergehend in Deutschland bleiben dürfen, weil ihnen in der Heimat Gefahr für Leib und Leben droht. Im Oktober gab es bundesweit nur 181 solcher Fälle.

Darüber hinaus will die Bundesregierung Asylbewerbern künftig einen Teil der Kosten für Sprach- und Integrationskurse von der Sozialhilfe abziehen. Die Kanzlerin sprach von einer „überschaubaren Eigenbeteiligung“. Asylbewerber sollen einen einheitlichen Flüchtlingsausweis bekommen. Nur wer ein solches Dokument besitzt, kann einen Asylantrag stellen und Leistungen beziehen. Der Bund will eine neue „Organisationseinheit“ gründen, die in Kontakt mit den Herkunftsstaaten nötige Papiere beschafft für Menschen, die das Land verlassen müssen.