Nein, das mag ich nicht! Wenn Kleinkinder keinen Brei mehr mögen, sondern am Familientisch mitessen, müssen Eltern ihre Essgewohnheiten oft umstellen. Anja Fleischhauer weiß, wovon sie spricht und hat ein Kochbuch geschrieben.

Stuttgart - Die meisten Mädchen wünschen sich zu ihrem dritten Geburtstag einen Puppenwagen, ein Ballettröckchen oder ein Kuscheltier. Polly ist anders. Ihr größter Wunsch: eine Packung Kaugummis mit Erdbeer-Bananen-Geschmack. Polly ist eben eine echte Feinschmeckerin.

 

Schuld daran sind ihre Eltern: Anja Fleischhauer und Markus Eckstein. Sie ist Lektorin beim Trias-Verlag , Journalistin und Ernährungswissenschaftlerin und er arbeitet in Stuttgart als Online-Redakteur. Was aber noch viel entscheidender ist: beide beschreiben sich augenzwinkernd als „verfressen“. Und was passiert, wenn sich zwei gern futternde Schreiberlinge zusammentun? Sie verfassen ein Kochbuch. In diesem Fall jedoch ist es ein besonderes Buch geworden. Eines, in dem die Zutatenlisten der Rezepte überschaubar sind, die Zubreitung der Gerichte selten länger als zwanzig Minuten dauert und der Star kein stylisher Szenekoch ist, sondern ein ganz normales, aber sehr niedliches kleines Mädchen: Polly.

„Kochen für Polly“ liefert Eltern von Kleinkindern abwechslungsreiche Rezepte für alle Lebenslagen. Was es aber von anderen ähnlichen Kochbüchern auf dem Markt unterscheidet, ist die entspannt vorgetragene Ernährungsberatung. „Ich wollte nicht zeigen, wie es sein soll, sondern erzählen wie wir es machen“, sagt Anja Fleischhauer. Sie wollten auf den erhobenen Zeigerfinger verzichten, doch das hatte auch seinen Preis. Das Buch ist ein sehr persönliches geworden, nicht nur weil es aus der Ich-Perspektive geschrieben ist, sondern auch weil es häufig genaue Einblicke in das Leben der Familie aus dem Heu-steigviertel gibt. „Das war eigentlich überhaupt nicht so geplant“, sagt Anja Fleischhauer „doch irgendwann habe ich beim Schreiben gemerkt, dass es nur funktioniert, wenn ich unsere Namen nenne.“

Mit der Idylle am Familientisch ist es oft schnell vorbei

Tatsächlich ist es dieser persönlichen Note zu verdanken, dass man dieses Buch nicht wie ein normales Kochbuch behandelt: Man kocht nicht einfach nach, man liest es, weil es einem das Gefühl gibt, mit einer Freundin am Küchentisch zu sitzen und – wie so oft als Eltern – über das alles beherrschende Thema Kinder zu reden.

Und zu bequatschen gibt es in der Phase, in der sich die Kinder vom Brei verabschieden, und – wie es immer so idyllisch beschrieben wird – am Familientisch mitessen, genug. Tatsächlich gleicht der Tisch, an dem Ein- bis Dreijährige sitzen, spätestens nach zwei Minuten nicht mehr einer dekorativen Tafel, sondern einem Schlachtfeld. Und die oft beschriebene, angeblich entspannte Atmosphäre, in der Kleinkinder die Freude am Essen entdecken, hält nur so lange an, bis das erste Glas umkippt, Wutanfälle eintreten oder die Eltern irgendwann die Nerven verlieren.

Ähnliches passiert auch in Pollys Familie, und genau darum haben ihre Eltern beschlossen, ein Buch zu schreiben, das ihnen selbst geholfen habe. „Eltern reden stundenlang über die Breizeit, aber über die Phase danach redet plötzlich niemand mehr“, sagt Anja Fleischhauer. Dabei sei diese Zeit für sie viel schwieriger gewesen, weil sie das Kochen wieder neu lernen musste. Denn für die Hobbyköchin, die gerne mit ausgefallenen Gewürzen experimentiert, war diese Zeit eine große Herausforderung. „Mein Kochvergnügen war gleich null. Das Exotischste, was ich gekocht habe, war Hirsebrei mit Fenchel und Lammfleisch, den ich mit Parmesan verfeinert habe“, erzählt sie.

Typisch Dreijährige: Polly hat ihren eigenen Kopf

Für entspanntes Schnippeln in der Küche hatte Anja Fleischhauer plötzlich keine Zeit mehr, geschweige denn Muße. Und dann trat ein, was bei vielen anderen Eltern auch passiert: Polly bekam einfach weiterhin Gläschen – manchmal nicht mal warm gemacht.

Doch mit Pollys steigendem Interesse am Essen kam auch die Lust am Kochen zurück. „Wir wussten ziemlich schnell, dass wir in Zukunft nicht nur Spirelli mit Erbsen essen wollten“, sagt Anja Fleischhauer, und darum machte sie sich daran, ihre gängigsten Rezepte aus der Vor-Polly-Zeit auf kindertaugliches Niveau herunterzubrechen. „Wir essen jetzt wieder viel von dem, was wir früher auch gegessen haben, nur lasse ich bestimmte Gewürze wie etwa Kreuzkümmel weg“, erklärt sie.

Aber, liebe Eltern, keine Panik! Auch Polly futtert sich nicht völlig problemlos durch die rund hundert Rezepte aus „ihrem“ Kochbuch. Da gilt für Polly das Gleiche wie für alle anderen Dreijährigen: Sie hat ihre individuellen, ständig wechselnden Eigenheiten. Im Moment lauten die: Esse niemals das Gleiche zweimal hintereinander! Fische aus der von Mama gekochten Hühnersuppe nur die Grießklößchen heraus! Und: Ist ein Kaugummi im Mund, passt locker noch ein zweiter rein!

Die Hühnersuppe, die man mit Grießklöschen aufpeppt

Zutaten:
Zwei Hähnchenschenkel, eine Zwiebel, ein Bund Suppengrün, gekörnte Hühnerbrühe, zwei Handvoll geputztes und klein geschnittenes gemischtes Gemüse, Salz, frisch gemahlener Pfeffer

Vorbereitung:
Die Hähnchenschenkel kalt abwaschen. Die Zwiebel ungeschält halbieren, mit der Schnittfläche nach unten in einen Topf legen und bei schwacher Hitze leicht anrösten. Wenn sie leicht gebräunt ist, eineinhalb Liter kaltes Wasser zugießen und die Hähnchenschenkel hineingeben. Den Schaum abschöpfen.

Brühe
: Das Suppengrün waschen. Sellerie und Möhren schälen, würfeln und zugeben. Lauch der Länge nach aufschneiden, gründlich waschen und auch in die Suppe geben. Die gekörnte Brühe hinzufügen und die Suppe eine Stunde leicht köcheln lassen. Den Lauch, Hähnchenschenkel und Zwiebel herausnehmen.

Abschmecken:
Das Gemüse in der Suppe gar kochen. Das Hähnchenfleisch von den Knochen lösen und in der Suppe warm werden lassen. Die Suppe mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Anja Fleischhauer/Markus Eckstein: Kochen für Polly. Trias-Verlag, Stuttgart. 144 Seiten, 17,99 Euro