Spaniens Monarchie hat Ruf und Glanz verloren. Königin Sofía versucht, trotz allem eine gute Figur zu machen. Am Samstag feiert sie ihren 75. Geburtstag.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Es ist noch nicht lange her, dass Spaniens Königshaus die höchstangesehene Institution des Landes war. Ein kleines Wunder, wenn man bedenkt, dass die Spanier ihren vorigen König, Alfonso XIII., aus dem Amt gejagt und 1931 die Republik ausgerufen hatten. Doch als Juan Carlos, Alfonsos Enkel, 1975 nach fast 40 Jahren Franco-Diktatur wieder den spanischen Thron besetzte, gewann er sich in kurzer Zeit die beinahe ungeteilte Sympathie seiner Landsleute. Gemeinsam mit seiner Frau Sofía, einer gebürtigen griechischen Prinzessin, verkörperte er eine moderne Monarchie, die Stütze und Schutzschild der jungen Demokratie war.

 

Davon hat das spanische Königshaus lange gezehrt – und würde davon vielleicht noch heute zehren, wenn es sich zu Herzen genommen hätte, was Königin Sofía ihrer Biografin Pilar Urbano 1996 in den Block diktierte: „Die Bürger erwarten von den Königen und den Prinzen ein Beispiel. Und sie haben alles Recht dazu: Man muss es ihnen geben. Das ist die königliche Würde.“ Sofía, die am heutigen Samstag 75 Jahre alt wird, versucht bis heute, den Spaniern ein Beispiel an königlicher Würde zu sein. Es gelingt ihr nicht immer. Sie hat es schwer inmitten einer Familie, der ihre Rolle als erste Familie des Landes zu groß geworden ist.

Tochter und Schwiegersohn unter Korruptionsverdacht

Der Erste, der allzu offensichtlich aus der Rolle fiel, war Sofías Schwiegersohn Iñaki Urdangarin, der Ehemann der zweitgeborenen Königstochter Cristina. Ein Untersuchungsrichter in Palma de Mallorca ermittelt seit zwei Jahren gegen ihn, weil er sich bei Geschäften mit öffentlichen Auftraggebern mutmaßlich illegal bereichert hat. Vieles spricht dafür, dass auch die Infantin Cristina in dessen unsaubere Geschäfte verwickelt war; einer formellen Beschuldigung ist sie jedoch bisher entgangen. Cristina hat sich mit ihren vier Kindern ins goldene Exil   nach Genf zurückgezogen. Von offiziellen Akten sind sie und ihr Mann seit längerem ausgeschlossen.

Sofía verstand in dieser Affäre anfangs ihre eigene Rolle falsch. Statt Distanz zu wahren, besuchte sie im Dezember 2011 Tochter und Schwiegersohn in ihrem damaligen Wohnort Washington und ließ sich dabei auch noch von der Klatschzeitschrift „Hola“ fotografieren. Die zur Schau getragene Solidarität mit den schwarzen Schafen der Familie nehmen ihr viele Spanier bis heute übel.

Der Ehemann auf Abwegen

Kurz darauf musste Sofía schmerzhaft erleben, dass sich die Haltung ihrer Landsleute zur Monarchie grundlegend geändert hatte. Eine spanische Journalistin, Pilar Eyre, veröffentlichte im Frühjahr 2012 ein Buch unter dem Titel „Die Einsamkeit der Königin“, das sich schnell zum Bestseller entwickelte – und mit dem Tabu brach, dass der Königsfamilie niemand unter die Bettdecke zu schauen habe. Eyre berichtete ausführlich über vorgebliche Liebeshändel des Königs und die Resignation der Königin, die den Treuebrüchen seit Jahrzehnten machtlos zusehe. Die Enthüllungen kamen für die Spanier nicht überraschend. Neu war die Selbstverständlichkeit, mit der die Autorin darüber schrieb.

Im April 2012 rief König Juan Carlos den nächsten Skandal hervor, als er sich während eines Elefantenjagdausflugs im afrikanischen Botswana die Hüfte brach. Eine seiner Reisebegleiterinnen war die deutsche Geschäftsfrau Corinna zu Sayn-Wittgenstein, die sich später in mehreren Interviews selbst als „innige Freundin“ des Königs zu erkennen gab. Auch das musste Sofía schlucken. Doch eine Nebenwirkung der ungewollten neuen Offenheit war eine langsam wieder zunehmende Sympathie der Spanier für ihre Königin – zu großem Teil aus Mitleid gespeist.

Auf das Mitleid allein kann sich Sofía allerdings nicht verlassen. Als die Königin vor einer Woche gemeinsam mit ihrem Sohn, Kronprinz Felipe, und dessen Frau Letizia an einer Preisverleihung im nordspanischen Oviedo teilnahm, musste sie sich von Demonstranten Pfiffe und Schmährufe gefallen lassen. Mag Sofía ihre Rolle als Königin noch so tadellos auszufüllen versuchen, der Ansehensverlust der spanischen Monarchie trifft auch sie. Mit republikanischer Wucht.