Man steigert mit, obwohl man gar nicht weiß, was man für sein Geld bekommt. Genau deshalb macht die Veranstaltung so Spaß. Bei der alljährlichen Kofferversteigerung am Flughafen kommen herrenlose Gepäckstücke unter den Hammer.

Stuttgart - Langweilig wird es an Heiligabend bei Familie Porzer mit Sicherheit nicht. Dafür hat Vater Hans-Peter gesorgt, als er bei der Kofferversteigerung am Flughafen bei zwei Gepäckstücken die höchsten Gebote abgegeben hat. „Die kommen unter den Weihnachtsbaum. Einen Koffer bekommt meine Tochter, den anderen mein Sohn“, sagt Hans-Peter Porzer, der verspricht, nicht vorher reinzuschauen. Bei Porzers wird es also eine lustige Bescherung geben – wenn die Kinder ihre Erwartungen nicht zu hoch hängen.

 

Denn in den Koffern kann alles drin sein: von gebrauchten Unterhosen über Urlaubssouvenirs bis hin zu teurem Schmuck oder Laptops. Genau das macht den Reiz aus und lockt so viele Menschen zu der alljährlichen Kofferversteigerung an den Flughafen. Bis zu 2000 Menschen sind am Sonntag in den Terminal drei gekommen, wo 42 Gepäckstücke unter den Hammer gekommen sind. Die Koffer und Taschen sind Fundstücke, die sich über das letzte Jahr angesammelt haben. Nur Zollbeamte haben sie geöffnet und inspiziert, um sicher zu gehen, dass sich keine Waffen oder Drogen darin befinden.

Auch Ferdinand Eppli weiß nicht, was drin ist. Der Sohn des bekannten Stuttgarter Versteigerers leitet die Auktion am Flughafen zum ersten Mal. „Ich war schon ein paar Mal als Assisstent hier dabei“, sagt Eppli, der die Veranstaltung sehr mag: „Hier geht es unterhaltsam zu. In unseren Stammhäusern ist es oft ernst, weil wir es da mit Gerichtsvollziehern und Staatsanwälten zu tun haben.“ Die Besucher freuen sich dann auch, als er sagt: „Man weiß nicht: war es Mallorca oder New York? Hin- oder Rückflug?“ Im Klartext: frische oder gebrauchte Wäsche.

Der Erlös von 13 310 Euro geht an einen guten Zweck

Erwischt man eine Niete, hat man trotzdem eine gute Tat geleistet. Der komplette Erlös der Versteigerung fließt nämlich an den Verein Frauen helfen Frauen, den Träger des Frauenhauses und einer Beratungsstelle. An diesem Sonntag sind bei 42 Gepäckstücken 13 310 Euro zusammen gekommen. „Das ist Rekord“, sagt Nina Gomolka vom Stuttgarter Flughafen.

Es ist erstaunlich, wie schnell die Preise in die Höhe schnellen. Nach nur wenigen Sekunden steht die erste Tasche bei 120 Euro, die kurz danach für 160 Euro unter den Hammer kommt. Manche machen es wie Hans-Peter Porzer und öffnen den Koffer erst zu Hause, andere sind so neugierig, dass sie gleich vor Ort reinschauen. So wie Stefan Ziegler, der in seinem 150-Euro-Koffer einen alten Kochtopf, kaputte und intakte Kaffeetassen, Instant-Kaffepulver und alte Klamotten findet. „Immerhin ist es für einen guten Zweck“, sagt er und lacht.

Ein Koffer kommt für 550 Euro unter den Hammer

Für 490 Euro kommt ein großer schwarzer Hartschalenkoffer unter den Hammer. Er ist von der Nobelmarke Rimowa, weist aber trotzdem einige Gebrauchsspuren auf. „Ich habe sowieso einen Koffer gebraucht“, sagt die neue Besitzerin, die ihn unter dem Beifall des Publikums sogar auf der Bühne öffnet. Männerschuhe, Hemden, Unterhosen und ein Blatt mit der Menüfolge eines Galadiners auf einer Kreuzfahrt. Mondäner wird es leider nicht. Auch nicht bei dem mit 550 Euro teuersten Koffer, einem orangefarbenen Modell, in dem ein Stabmixer, Cappuccinopulver und Klamotten sind.

Vielleicht bekommt Ferdinand Eppli bald Besuch von einem der neuen Besitzer. „Einmal kam jemand zu uns, der Schmuck im Koffer gefunden hatte. Dieser war rund 500 Euro wert“, sagt Eppli.