Kindheitserinnerungen kulinarischer Art: Unsere Kolumnistin denkt darüber nach, wie der Geschmack der Kindheit unser Leben prägt.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Neulich hat unsere Leserinnen und Leser ein Interview mit dem klugen Koch Vincent Klink umgetrieben, in dem nicht nur die Frage geklärt wurde, wie ein perfekter Kartoffelsalat gemacht wird, sondern auch, warum es so schwierig ist, einen zu machen. Beziehungsweise, dass unsere Erinnerung an den Geschmack da ganz entscheidend ist. Oder ist nicht auch der Kartoffelsalat, den Ihre Mutter oder Oma gemacht hat, der Beste seiner Art?

 

Jede hat ihre Tricks

Natürlich steht und fällt die Sache mit den Kartoffeln, da muss man Glück haben. Dann werden sie gerädelt, es braucht Brühe, Essig, viel Öl, Salz, Pfeffer, Senf. Das hört sich sehr simpel an, ist aber eine Fertigkeit, die man beherrschen – und auch üben muss. Jede hat da natürlich ihren ganz eigenen Trick, was ihren Kartoffelsalat ausmacht.

Wenn ich heute einen Kartoffelsalat mache, was ich mir mittlerweile durchaus zutraue, behauptet der andere Erziehungsberechtigte, dass seine Oma Martha den weltbesten Kartoffelsalat gemacht habe. Ich halte dagegen, dass der meiner Mutter auch wirklich sehr gut ist.

Kiloweise Kartoffeln für wenig wertschätzende Teenagerinnen

Was ich rückblickend sehr bewundere, dass meine Mutter für eine ganze Meute feiernder Backfische kiloweise Kartoffeln kochte und schälte, weil eben Kartoffelsalat zu jeder anständigen 90er-Jahre-Hobbyraum-Feier dazugehörte. Was für ein immenser Aufwand für verwöhnte Teenagerinnen, die sich am liebsten von Eckes Edelkirsch und roten Gauloises ernährt hätten.

Das Schöne ist mit den Erinnerungen: Wir haben sie für uns ganz allein. Und wir haben alle recht. Meine Tochter behauptet beispielsweise, dass mein Kartoffelsalat der beste der Welt sei. Lassen wir sie einfach in dem Glauben.

Essen ernst nehmen

Und übrigens ist es auch genau das, was Essen mit uns macht, wenn man es richtig ernst nimmt. Es macht einen glücklich, ruft Erinnerungen hervor. Vor ein paar Monaten hatte ich das wirklich großartige Vergnügen im Münchner Tantris zu speisen, in diesen geweihten Hallen der Gourmandise. Jetzt ein paar Monate später ist mir von dem natürlich sehr prägnanten Menü vor allem ein Gericht besonders im Gedächtnis geblieben: der eigentlich sehr simple Nachtisch, bei dem ein buttriges Madeleine in Milch schwamm. Es war genau dieser Geschmack, wenn man damals in der Vorweihnachtszeit Plätzchen in ein Warmgetränk getunkt hatte. Und Arabella Kiesbauer im TV lief. Alles war gut.

Zur Person

Anja Wasserbäch
ist Mutter eines Schulkindes und findet ihren eigenen Kartoffelsalat nicht wirklich gut. Die Redakteurin im Ressort Leben betreut die Seite Kind & Kegel im Wochenendmagazin.