In den vergangenen Jahren sind Kindergeburtstage die größten, längsten und aufregendsten Feste in meinem Leben gewesen. Das soll sich nun wieder ändern.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Meine kleine Tochter hat zu Weihnachten einen „Null-Bock-Kalender“ bekommen. Jede Woche gibt es einen neuen, frechen Spruch. Sie hatte den Kalender selbst mal in einem Buchladen entdeckt und fand ihn toll – und ich auch. Auf dem ersten Blatt steht: „Letztes Jahr um dieses Zeit hatte ich gute Vorsätze. Mein Leben lacht immer noch über mich.“ Ein Hinweis darauf, dass man sich besser nichts vornimmt. Ich habe es aber trotzdem getan.

 

Ich möchte wieder mehr Freunde treffen – spontan und unkompliziert, ohne dass ich vorher zwei Tage lang das Haus putze und Essen vorbereite. Ich möchte einfach wieder mal an einem Freitagnachmittag die Nachbarin fragen, wenn ich sie zufällig auf der Straße treffe, ob wir mit unseren Familien uns nicht noch zusammensetzen und eine Pizza bestellen wollen... oder Nudeln und Tomatensoße kochen... oder Sandwichs mit dem Sandwichmaker machen. Früher ging das, und es waren meistens tolle Mini-Partys.

Zu müde, um sich abends vom Sofa wegzubewegen

Als Mutter zweier Kinder hatte ich dann andere Prioritäten. Und ich bedauere es nicht, kein bisschen! Ich finde es richtig, jede freie Minute meinen Töchtern gewidmet zu haben. Als sie klein waren, kam es nur ganz selten vor, dass ich abends weggegangen bin. Sie schauten mich dann immer an, als würde ich sie in dieser Zeit in den Keller sperren. Dabei war der Papa doch da, aber Kinder wissen eben, wie sie ihrer Mama ein schlechtes Gewissen machen können. Also blieb ich zu Hause. In der Regel war ich ohnehin zu müde, um mich abends noch einmal vom Sofa wegzubewegen. Etliche schlaflose Nächste forderten ihren Tribut. Vielen meiner Freunde ging es ganz ähnlich. In dieser Zeit waren Kindergeburtstage mit Abstand die größten, längsten und aus vielerlei Gründen aufregendsten Feste, die wir feierten.

Mittlerweile schlafen die Kinder schon seit vielen Jahren durch, meine Trägheit aber blieb. Und dann kam auch noch Corona, und niemand konnte mehr irgendjemanden treffen. Das tückische Virus ist freilich geblieben, doch die Pandemie ist glücklicherweise überstanden. Und meine Töchter mögen mich inzwischen am meisten, wenn ich regelmäßig für die Mahlzeiten sorge, sie ausreichend saubere Wäsche im Schrank haben und ich sie vielleicht noch ab und an Vokabeln abfrage, ansonsten aber bitte in Ruhe lasse. Wollen mein Mann und ich abends mit Freunden ins Kino gehen, fordern sie lediglich so etwas wie Gleichberechtigung: Nämlich dass sie sich mit Chips und Knabbereien auf die Couch setzen und eine DVD schauen dürfen.

Ich genieße diese wiedergewonnene Freiheit. Aber ich bedauere es auch, dass meine Kleinen dann doch so schnell groß geworden sind – oder zumindest größer. Überstanden ist das Abenteuer Nachwuchs und Erziehung sicher noch lange nicht, schließlich befinden sich beide Töchter mitten in der Pubertät. Und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass ihre Frequenz an Freunde treffen, meine künftig noch viel deutlicher übersteigen wird. Und dass ich bald wieder schlaflose Nächte haben werde. Nicht, weil sich die Kinder ins elterliche Ehebett kuscheln und man selbst keinen Platz mehr hat und erst im Morgengrauen völlig erschöpft einschläft. Sondern schlicht, weil der Nachwuchs erst im Morgengrauen nach Hause kommt.

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Alexandra Kratz hat zwei Töchter, die sich der Pubertät annähern beziehungsweise diese bereits ausleben. Allzu oft erkennt sie sich dabei selbst in ihren eigenen Kindern wieder.