Mit Kindern wird man wie die eigenen Eltern: Man fährt gern hin, wo man schon war. Gern unter Aufbietung immer derselben Wortspiele, wie unser Kolumnist Matthias Hohnecker selbstkritisch beobachtet.

Stuttgart - Für die Elternschaft beginnen gute Tage mit Kindersätzen wie diesem: „Ich krieg noch Taschengeld für zwölf Wochen!“ Nein, halt, falscher Satz. Gute Tage beginnen viel mehr mit Kindersätzen wie jenem: „Ich muss mich doch noch nicht sooo beeilen, oder?“ Noch nicht sooo beeilen – das meint ins Elterndeutsche übersetzt: Ich kann mir doch für die fünf Minuten bis zum nächsten sehr wichtigen Tagesordnungspunkt drei Stunden Zeit nehmen, gell? Das ist wie eine Verkehrsdurchsage in SWR 3, die einem für 50 Kilometer Strecke 70 Kilometer Stau voraussagt, mit dem Hinweis: „Wo’s läuft, gute Fahrt.“

 

Die Worte „Fahrt“ und „beeilen“ wiederum erinnern den ständig urlaubsreifen Vater daran, dass schnell noch eine Urlaubsfahrt geplant werden muss. Früher, in der pränatalen Zeit, hat man Urlaubsziele fünf Minuten vor der Abfahrt festgelegt. Man musste sich ja nicht sooo beeilen, ein Zimmer für sich und die Liebste gab’s immer, zur Not tat’s das Himmelszelt als Dach. Heute, zwei Kinder und viele Urlaubsplanungen später, leuchtet einem ein, weshalb (kluge!) Eltern immer an denselben Ferienort zurückkehren. Zehn Jahre Isny? Traum! Es ist exakt so, wie der holländische Freund Paul in unserem (vierten) Sommerurlaub in Südtirol sagte: „Meine Frau Sandra will immer Neues entdecken, immer woanders. Aber warum? Es ist so schön hier. Und ich komme gerne wohin zurück, wo es schön ist. Ich entdecke gerne Altes.“ Ich auch.

Vor allem, wenn schon vor Abfahrt klar ist: auch den Kindern gefällt es am point of permanent return. Weil: tolles Essen, eigenes Zimmer mit Durchgangstür, Kindermenschen, die man schon kennt, Schwimmbad drinnen und draußen. Und für die (männlichen) Elternmenschen: andere Elternmenschen, die einem nicht den Nerv rauben, schöne Berge, schönes Wetter, schöne kurze Anfahrt und so weiter und so fort. Jetzt aber: Problem. Sommerferien zwar bis 2027 gebucht (Südtirol V bis XV), aber: Faschingsferien. Bisher Isny, was aus Gründen, die den Kolumnenrahmen sprengten, nicht geht. Das ist schon deshalb schade, weil man auf dem Weg nach Isny nie mehr das Ortsschild der Gemeinde Urlau passieren wird, wo der Vater jedes Mal unter dem aber so was von verständnislosen Stöhnen der Mutter sagte: „Noch ein B bis zum Urlau.“

Aber wohin jetzt? Hotels mit Schwimmbad, Familienzimmern mit Verbindungstür und den anderen gewünschten Vorzügen sind seltener, als man denkt – jedenfalls, wenn man bei den Zimmerpreisen den Gedanken vermeiden will, dass man ja nicht das ganze Hotel kaufen möchte. Der Sohn steht inzwischen auf ein Wellnesshotel in einem Ort namens Langweiler, was die Tochter aber zu Tränen rührte, als sie erfuhr, dass Langweiler im Hunsrück liege. „Wieso geben wir unseren Hund zrück?“, fragte sie schluchzend. Das wiederum erinnert den Vater an die kürzlich schon mal schluchzende Tochter. Im Radio kam die Nachricht: der Iran baut die Atombombe. Was die achtjährige Südtirol-Freundin ängstigte: „Was? Meran baut die Atombombe?“ Man sieht: es gibt viele Gründe, sich doch ein bisschen zu beeilen. Die Zeit läuft.