Immer mehr wollen spenden statt schenken, der Friedrichsbau erfüllt Kindern Herzenswünsche, und ein Spaßvogel meint’s ernst: Kann man mit dem Weltretten an Weihnachten beginnen? Eine Kolumne über Stuttgarter, die wachrütteln wollen.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Weihnachten ist, wenn Menschen für andere zu Engeln werden. Es war kein Engel, der aus dem All geflogen kam und in einer Kapsel in der Steppe von Kasachstan sachte aufgesetzt hat. Aber ein weitsichtiger Mann war’s. Wie sich Astronaut Alexander Gerst bei seinen ungeborenen Enkelkindern entschuldigt hat, das ging unter die Haut. Seine hochemotionale Video-Botschaft aus dem Weltraum an die nachfolgenden Generationen macht klar: So geht es nicht weiter! Jeder von uns ist gefordert!

 

Die Menschen verpesteten den Planeten mit Kohlendioxid, sagte Astro-Alex, rodeten Wälder, verschmutzten die Meere, verbrauchten die Ressourcen und führten „zum Großteil sinnlose Kriege“. Bekommen wir noch die Kurve, um nicht die Generation zu sein, die die Lebensgrundlage der Nachkommen vernichtet hat?

„Sind Sie eine echte Prinzessin?“

Immer mehr wollen beim Weltretten helfen, wie vor dem Weihnachtsfest auch in Stuttgart deutlich wird. „Spenden statt schenken“, so lautet in nicht wenigen Familien das Motto. Mit was soll man Menschen erfreuen – Kinder einmal ausgenommen -, die schon alles haben? Bei der Bescherung findet man Spendenquittungen – an jenen Adressaten, die der Beschenkte gut findet. Ein Tierfreund bekommt eine Überweisung ans Tierheim, es gibt Geschenke an die Welthungerhilfe, Gutscheine für Patenschaften und vieles mehr.

Der Sinn von Weihnachten zeigt sich an vielen Orten. Das Friedrichsbau Varieté etwa lud das Kinderglückswerk zu einer Vorstellung der Show „Zimt und Zauber“ ein. Der Verein erfüllt Herzenswünsche von kranken und benachteiligten Kindern. „Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass es vielen Kinder vor unserer Haustür nicht gut geht“, sagt Vereinsgründerin Maria Prinzessin von Sachsen-Altenburg, die Witwe des vor etwa sechs Jahren verstorbenen Franz Prinz von Sachsen-Altenburg. Kinder staunen und wollen von ihr manchmal wissen, ob sie eine echte Prinzessin ist.

Seit 100 Jahren, liebe Kinder, gibt es in Deutschland mit dem Ende der Monarchie keine Prinzessinnen mehr. Der Mann der Vereinsgründerin wurde adoptiert, weil eine Nachfahrin des echten Prinzen wollte, dass der Familiennamen erhalten bleibt. Prinzessin ist heute ein Teil des Namens. Aber wenn es kleinen Mädchen gut geht wie im Varieté, fühlen sie sich wie Prinzessinnen.

Warum Christoph Sonntag mit dem Hubschrauber unterwegs war

Dem Weihnachtsfest Sinn geben. Christoph Sonntag hat in der sentimentalen Zeit sein Projekt „30 Minuten“ für eine neue Art von Nachbarschaftshilfe vorgestellt. Mit Studierenden der Hochschule Mannheim und einer IT-Firma entwickelt der Kabarettist gerade eine soziale App. Die Idee: Jeder soll mindestens 30 Minuten im Monat Gutes tun. Die neue Plattform will Helfer und Hilfesuchende zusammenbringen. Für die Pläne gibt es viel Lob – aber auch Kritik. Sonntag mache dies zur eigenen PR, ist zu hören. Wer die Welt retten wolle, dürfe nicht mit dem Hubschrauber fliegen.

Der 56-Jährige bestätigt, es getan zu haben. Beim Fest der Stiftung One World Family auf dem einstigen Luxusanwesen von Musicalbauer Rolf Deyhle am Rande vom Schönbuch sei er ohne Gage aufgetreten. Stiftungspräsident Hans-Martin Schempp, der neue Herr in der Lichtung eines Waldes, in der nach einem Baumhotel nun auch die Veranstaltungshalle Weil steht, habe ihm seinen Hubschrauber angeboten, um schnell bei der Probe für die TV-Sendung „Immer wieder sonntags“ im Europapark Rust zu sein. Andernfalls hätte er seinen Benefiz-Auftritt bei Schempp absagen müssen.

Ist Christoph Sonntag unser Mick Jagger? Beim Auftritt der Stones in der Mercedes-Benz-Arena bewegte sich die Rocklegende mit dem Hubschrauber vorwärts. Winfried Kretschmann musste sich rechtfertigen, weil er zum Wandern im Polizeihubschrauber flog. Dabei wissen wir auch so: Menschen sind selten Engel. Aber hoffentlich schlau genug, auf Astro-Alex zu hören.