Mithin lohnt es sich, nicht nur auf Geratewohl zu plappern. Entsprechend gibt sich unsere Kolumnistin Adrienne Braun süßer Formulierungslust hin.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Eine Freundin hat dieser Tage einen jungen Mann ertappt, als er im Treppenhaus die Wohnungstüren fotografierte. Jetzt ist sie ernsthaft beunruhigt, dass während ihres Urlaubs eingebrochen werden könnte. Deshalb ist sie dabei, Zeitschaltuhren für Licht und Radio zu installieren. Sie wird den Fernseher im Bett verstecken und überlegt sogar, alle wichtigen Dokumente in einer Kiste zu verstauen, die sie im Schrank festschrauben will. Damit sorge sie für eine „durchgängige Verunmöglichung“.

 

Durchgängige Verunmöglichung! Das hatte sie nur so aufs Geratewohl dahergesagt. Die Formulierung hat mich aber so euphorisiert, dass ich in eine ganz famose und fidele Befindlichkeit geriet – und hernach beschloss: Ich will fortan meine Sprache veredeln, damit ich nicht länger plump radebrechend und nach schierem Gutdünken fabuliere, sondern künftig süßen, vollmundigen Formulierungen Gehör verschaffe. Damit ich nicht länger sprachlichen Müßiggang pflege, will ich mich anheischig machen, auch mal wieder „blümerant“ zu schreiben. Oder „Labsal“, „Mummenschanz“ und „Schabernack“.

Schluss mit den Fisimatenten!

Da nahm die Kaltmamsell kühn den kaltblütigen Kalligrafen an die Kandare und rief: „Ei, du Isegrim, du elender Hundsfott, willst Schindluder mit mir treiben, dich schadlos an mir halten? Schluss mit den Fisimatenten!“ Sprach’s und schlug kurzerhand den Kandelaber auf den Kopfputz des grimassierenden Hasardeurs.

Als ich dieser Tage allerdings selbstgewiss von Schisslaweng sprach, geriet ich plötzlich in die Bredouille und verursachte ein handfestes Tohuwabohu, denn die Freundin und ich konnten uns partout nicht auf die Bedeutung einigen. Ich behaupte, Schisslaweng meint Tand, Schund, Plunder. Das sei Kokolores, widersprach sie, Schisslaweng meine nichts anderes als Petitesse. Oder Mückenschiss.

Mit Verlaub – diese Erklärung halte ich persönlich für eine durchgängige Verunmöglichung eines akzeptablen Zugelassenseins.

Wobei eine Bekannte die durchgängige Verunmöglichung des Verstehens kürzlich mundartlich gänzlich auf die Spitze trieb. Sie geriet mit einem Schüler in ein heftiges Scharmützel und ärgerte sich so wahnsinnig über ihn, dass sie schließlich rief: „Blas mir doch in den Schuh!“ Diese köstliche Redewendung war dem Malefizbuben allerdings nicht vertraut, weshalb er indigniert antwortete: „Ja wie? Echt jetzt?“