Frank Althoff, seit 20 Jahren der Abteilungskommandant der freiwilligen Feuerwehr Degerloch-Hoffeld, hört auf. Er sei selbst gespannt, wer sein Nachfolger werde, sagt der Mann, der einst der Arbeit wegen von Dortmund nach Stuttgart zog.

Degerloch - Am Sonntagabend vor dem vereinbarten Telefonat am Montag schickt Frank Althoff (57) eine ungewöhnliche E-Mail, eine Art tabellarische Biografie mit Eckpunkten seines Lebens, die ihm wichtig sind: „Seit 1985 verheiratet. Wir zählen mittlerweile 35 Jahre glückliche Jahre“, „1990 und 1992 Geburt meiner beiden Söhne“, „1990 zufälliges Zusammentreffen mit der Werkfeuerwehr Mercedes Benz“. Nach vielem mehr am Ende dann ein Rückblick auf seine 20 Jahre als Abteilungskommandant der freiwilligen Feuerwehr Degerloch-Hoffeld.

 

Auch hier viele Punkte, zum Beispiel: „Erhöhung der Personalstärke von 41 auf 57 aktive Feuerwehrangehörige.“ Eine derartige E-Mail kommt wahrscheinlich von einem sehr strukturiert denkenden und handelnden Menschen. Am Ende des Telefongesprächs sagt Althoff: „Wenn man Abteilungskommandant ist, dann ist man normalerweise schon gefestigt und stark. Es kann nicht der Labilste von allen Abteilungskommandant werden.“

Zunächst einmal macht er bis April weiter

Jemand muss bald sein Nachfolger werden. Denn nun ist Schluss, „weil ich nach 20 Jahren müde werde“, wie Althoff sagt. Eigentlich sollte sein Nachfolger auf der Hauptversammlung im Januar gewählt werden, aber da die coronabedingt ausfällt, hat er sich bereit erklärt, zunächst mal bis April weiterzumachen. „Früher stand das Trio Abteilungskommandant mit seinen beiden Stellvertretern ein Jahr vorher bereit und hat sich als Team beworben“, erzählt Althoff, der gelernte Kfz-Mechaniker, der nach knapp 30 Jahren in der Forschungsabteilung von Mercedes Benz mittlerweile sein eigenes Autohaus leitet. Jetzt sei er selber gespannt, wer sein Nachfolger werde, sagt er. „Das ist ein supertolles Hobby mit einer supertollen Mannschaft, wo man aufgehoben ist und eine sinnvolle Arbeit hat, wo man viel lernt.“

Er selbst ist zufällig mit der Feuerwehr in Berührung gekommen, über die Werksfeuerwehr seines Arbeitgebers: „Das ist doch ein tolles Angebot – und dann auch noch während der Arbeitszeit.“ Über die Werksfeuerwehr kam er zur Grundausbildung bei der Feuerwehr Stuttgart: „Was, du wohnst in Degerloch und bist nicht bei der freiwilligen Feuerwehr?“, habe man ihn dort gefragt, aber er „hatte keine Lust auf Vereinsmeierei“. Dann allerdings bald doch auf die freiwillige Feuerwehr: „Meine Frau und ich sind aus Dortmund zum Arbeiten nach Stuttgart gekommen, und ich hatte hier keine Verwandtschaft, auch nicht viele Freunde, außer paar Arbeitskollegen. Und dann kommt man in eine Feuerwehr rein, und wenn man sich da ordentlich integriert, hat man plötzlich jede Menge neue Freunde.“

Die Bilder der Einsätze hat er im Kopf

Der erste Einsatz hat sich ihm „eingebrannt“, sagt Althoff: Eine alte Frau geriet unter einen anfahrenden Bus, lag hilflos in der Mitte. Die Feuerwehr hob den Bus mit Hebekissen an und zog die Frau heraus, aber sie hat Arme und Beine verloren. Die Bilder all seiner Einsätze – gut 50 allein in diesem Jahr – habe er alle im Kopf, sagt er, auch die der Toten. „Aber man kann nicht alles an sich heranlassen. Sonst würde man, glaube ich, daran zerbrechen. Drum machen wir unseren Job, gehen danach ins Bett und schlafen.“ Nach besonders schlimmen Einsätzen komme auch die Einsatzkräfte-Seelsorge hinzu, gerade für ganz junge Kollegen: „Es ist nicht so, dass jemand alleine gelassen wird.“

Dafür soll auch die andere Seite neben all den Bränden und Unfällen sorgen: „19 Mal die Degerlocher Kirbe veranstaltet“, schreibt Frank Althoff in seiner Kurzbiografie, „19 Mal das Maifest veranstaltet“. Und, was nicht in der Kurzbiografie steht: Auch den ältesten Mitarbeiter seines Autohauses hat er gerettet: Der Mann bekam mit Mitte 60 bei der Arbeit einen Herzinfarkt, „ist umgefallen und war im Grunde tot“. Althoff hat ihn reanimiert, siebenmal defibrilliert. Heute gehe es dem Mann gut. Eine Ausnahme im Feuerwehralltag: „Anziehen, umziehen, rein ins Auto, raus, und dann ist man mitten in einer Situation, wo man nicht groß darüber nachdenkt, ob man jetzt Menschen rettet.“