Die Ludwigsburger Leseklassen sind gestrichen und die Regierung hält die Betroffenen hin. Wer Rechtschreibprobleme hat, braucht keine neuen Richtlinien, sondern intensive Förderung.

Leseklassen - Das Erfolgsmodell Leseklassen wird eingestellt. So besehen wurde seit Juni nur an der Begründung gefeilt: hieß es vor den Ferien, es gebe nicht genug Lehrer, wird die Einbuße nun auch noch als vermeintlich besseres pädagogisches Konzept verkauft. Ein Lehrer soll ab jetzt leisten, woran bisher neun hart gearbeitet haben. Das Zauberwort heißt Inklusion.

 

Das Kultusministerium, das Ludwigsburger Schulamt und ein paar rührige Landtagsabgeordnete haben Eltern und Lehrer umsonst auf Achterbahnfahrt geschickt. Zehn Wochen lang durften die Betroffenen auf einen Fortbestand der Förderklassen hoffen. Sie haben Petitionen verfasst, Unterschriften gesammelt, sich zu Runden Tischen getroffen und immer wieder Gespräche geführt. Mit dem Ergebnis, dass das zuständige Ministerium nicht von seiner ursprünglichen Position abgewichen ist. Das Angebot, ein zusätzliches Deputat für Beratungsstunden zu gestatten, ist Augenwischerei. Wer Lese- und Rechtschreibprobleme hat , braucht kein neues Regelwerk und Fachberater, der braucht intensive Förderung.

Das Hin und Her in den letzten Wochen zeigt nicht nur, dass das Kultusministerium wenig Gespür für die Sorgen von Eltern und Lehrern hat. Es zeigt auch, wie weit Anspruch und Wirklichkeit bei Grün-Rot auseinander gehen. Ausgerechnet die Regierung, die mit enorm ehrgeizigen Bildungszielen angetreten ist, kassiert ein erfolgreiches pädagogisches Modell. Die Förderung hat einige tausend Kinder zu Lesern gemacht und einigen davon damit den Weg zum Abitur geebnet. Weil aber die Regierung gleichzeitig sparen und die Gemeinschaftsschule auf den Weg bringen will, soll damit nun Schluss sein. Doch was nützt die schönste Gemeinschaftsschule, wenn ein Teil der Schüler nicht einmal lesen kann?