Stuttgarts Topografie erfordert andere Wohnungsbau-Strategien als in Frankfurt oder München, meint Redakteur Thomas Braun.

Stuttgart - Wer derzeit durch den Stuttgarter Talkessel hechelt, mag eine Ahnung davon bekommen, wie stickig die Luft erst wäre, würde die Stadt den Wünschen der Immobilienbranche nachgeben und die vor Jahren mehrheitlich im Gemeinderat beendete Bautätigkeit auf der grünen Wiese am Kesselrand reaktivieren. Von dort aus fließen Kaltluftströme in die City, die die Hitze noch einigermaßen erträglich machen. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet die Sozialdemokraten, seinerzeit vehemente Fürsprecher des Konzepts Innen- vor Außenentwicklung, nun von der Fahne gehen wollen und diese Strategie in Frage stellen wollen.

 

Die CDU hat dagegen dazu gelernt. Die von ihr angestoßene Debatte über die Grenzen des Wachstums der Stadt muss geführt werden, auch wenn das manchem nicht gefällt. Denn auch die Strategie der innerstädtischen Nachverdichtung, die der topografisch speziellen Situation der Landeshauptstadt geschuldet ist, erreicht irgendwann ihre Grenzen – was dann?

Doch wer den Bürgern einreden will, mit der Ausweisung neuer Baugebiete am Rand des Talkessels lasse sich die aktuelle Wohnungsnot lindern, verschweigt, dass die Bagger ohnehin erst nach Jahren komplizierter Grundstücksumlegungen und eingehender Diskussion von Bebauungsplänen und Umweltgutachten anrücken. Und er negiert, dass eine Stadt im Talkessel Wohnungsbaupolitik behutsamer betreiben muss als Frankfurt oder München.