Um Folgen der Digitalisierung kümmert sich die Politik bisher wenig. Ministerin Nahles macht den Anfang, meint Roland Pichler.

Stuttgart - Endlich einmal ein Plan, der über den Tag hinaus weist. Dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt beleuchten will, ist richtig. Es gibt kaum einen Bereich der Wirtschaft, der nicht von den Veränderungen betroffen ist. Ob Banken, Medienhäuser oder Einzelhändler – das Internet verändert nicht nur in rasantem Tempo die Geschäftsgrundlagen für Unternehmen, sondern auch das Arbeitsleben. Es zeugt von Weitsicht, dass die sozialdemokratische Arbeitsministerin politische Antworten auf die Herausforderungen sucht. Im Arbeitsprogramm der Bundesregierung sind diese Themen unterentwickelt. Es mangelt zwar nicht an Initiativen und Absichtserklärungen, doch allein die Tatsache, dass sich viele Ministerien um verschiedene Aspekte der Digitalisierung kümmern, zeigt, dass ein übergreifender Ansatz bis jetzt fehlt.

 

Nahles liefert bislang zwar nur eine Ideensammlung, das hängt aber damit zusammen, dass es um ein Megathema geht. Die Ministerin will zusammen mit Bürgern und Sozialpartnern in den nächsten eineinhalb Jahren ein Zukunftskonzept entwickeln. Es muss sich allerdings noch zeigen, ob Nahles die Digitalisierung als Vorwand nutzen will, um das Arbeitsrecht weiter zu regulieren. Diese Linie verfolgte sie bisher. Mit staatlichem Dirigismus lassen sich die Aufgaben nicht lösen.

Die Ideen, die Nahles vorgestellt hat, sind immerhin ein Anfang: Warum soll es nicht möglich sein, die Arbeitsagentur zu einer Behörde umzubauen, die sich stärker um die Weiterbildung kümmert? Es lohnt sich jedenfalls, über den Umbau nachzudenken. In Zeiten sinkender Arbeitslosigkeit braucht die Bundesagentur für Arbeit neue Aufgaben. Es ist zwar noch viel zu tun, wenn es darum geht, der großen Zahl von Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu geben, doch dafür sind seit der Hartz-Reform die Jobcenter zuständig. Der große Apparat, den die Arbeitsagentur für die Menschen vorhält, die vorübergehend ohne Job sind, muss besser genutzt werden. Die Behörde könnte so ausgerichtet werden, dass sie Weiterbildungsangebote entwickelt und finanziert. In erster Linie sind dafür allerdings die Unternehmen zuständig, die aus eigenem Interesse in die Qualifizierung der Mitarbeiter investieren sollten. Trotz der Lippenbekenntnisse führt die Weiterbildung in vielen Betrieben noch immer ein Schattendasein. Da kann Hilfestellung der Politik hilfreich sein.