Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger hat mit der Macht seines Amtes durchgesetzt, dass die Weinstube Eißele beim Zwiebelfest ihren Stand aufbauen darf, obwohl dies die übrigen Festwirte nicht wollten. Warum sich das Stadtoberhaupt so nachdrückich für einen einzelnen Gastronomen einsetzt, ist kaum nachvollziehbar.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Was ist bloß in Jürgen Zieger gefahren? Die Politik des Esslinger Oberbürgermeisters hat sich bisher durch klare, nachvollziehbare Ideen, strukturelles Denken und hohe Sachkompetenz in den großen, die Stadt voranbringenden Fragen ausgezeichnet. Umso unerklärlicher ist es nun, wie er sich in den vergangenen Wochen für Oliver Brehmer, den Wirt der Weinstube Eißele, eingesetzt hat – nur, damit dieser am Zwiebelfest teilnehmen kann, auch wenn er sich nicht in die Gesellschafterfragen der Zwiebelfestwirte eingemischt haben will. Es lässt sich belegen, dass er es de facto doch getan hat. Aber warum er höchstpersönlich die Zwiebelfest-Gastronomen massiv unter Druck gesetzt und ihnen – trotz des zerrütteten Vertrauensverhältnisses – letztlich die Teilnahme von Brehmer aufgezwungen hat? Das ist und bleibt ein Rätsel.

 

Nun haben private Gastronomen nicht per se und auf ewig einen Anspruch darauf, öffentliche Flächen zum eigenen Nutzen zu bespielen. Eine Stadt hat das gute Recht, nach intensiver Prüfung zu dem Ergebnis zu kommen, dass man sich für eine solche Sommerhocketse eine andere Organisationsform wünscht oder gar eine andere Art von Fest. Dann aber muss man sich mit den Betroffenen, die seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Belebung der sommerlichen Altstadt geleistet haben, zusammensetzen, um nach neuen Wegen zu suchen. Die Debatte darüber muss öffentlich geführt werden, denn an der Gestaltung solch eines bedeutenden Stadtfests haben alle Bürger Interesse.

Wenig glaubwürdig

Jürgen Zieger hat stattdessen hinter den Kulissen versucht, seine Interessen – oder besser: die eines einzelnen Gastronomen – durchzusetzen. Dabei war er nicht zimperlich. Seine Drohung, das ganze Fest platzen zu lassen, hat die Wirte zum Handeln gezwungen. Jetzt ist er in der Bredouille, denn zum einen hat es Zieger offensichtlich versäumt, den Gemeinderat über die Gründe für das Ausscheiden der Weinstube Eißele aus der Zwiebelfest-Gesellschaft ausreichend zu informieren, ehe er sich die Zustimmung des Verwaltungsausschusses zu seinem nun eingeschlagenen Weg geholt hat. Zum anderen sind die Zwiebelfestwirte aus gutem Grund nicht mehr bereit, sich vom Oberbürgermeister bevormunden zu lassen.

Dieser muss sich den Vorwurf gefallen lassen, ein seltsames Verständnis davon zu haben, wofür er sich mit der ganzen Autorität seines Amtes einsetzen sollte. Für das Wohl eines einzelnen Wirts jedenfalls nicht. Und dass das Wohl der Stadt von dem eines einzelnen Wirts abhängt, ist mindestens fragwürdig. Solange Zieger das Motiv für seinen Einsatz und die Vehemenz nicht plausibler erklären kann, als er das bisher tut, bleibt er wenig glaubwürdig.

Und so sind am Ende alle beschädigt: am meisten aber der bisher souveräne Oberbürgermeister Jürgen Zieger.