Die Zahl der Firmen-Gründungen im Südwesten geht zurück. Für die Wirtschaft ist dies ein Alarmzeichen, denn sie braucht Innovationen. Baden-Württemberg kann hier von Bayern lernen, meint die StZ-Redakteurin Eva Drews.

Stuttgart - Ausgerechnet Bayern steht besser da. Zumindest bei der Gründerstatistik markieren Baden-Württemberg und der ewige Rivale im Osten unter den deutschen Flächenländern die beiden Extreme: Bayern rangiert ganz oben, das Land der Tüftler und Denker hingegen weit unten, wenn es um die Gründungsintensität geht. Um neun Prozent ist im vergangenen Jahr die Zahl der Neugründungen im Südwesten gesunken.

 

Dafür gibt es vor allem einen Grund – und der klingt zunächst nach Entwarnung: Denn eine wichtige Triebfeder für die Gründung neuer Unternehmen ist klassischerweise die Beschäftigungslage. Ein pfiffiger Ingenieur, der keine Anstellung findet, macht sich eher selbstständig als einer, der in einem florierenden Konzern ein gutes und vor allem sicheres Auskommen hat. Das gilt erst recht in einem Land wie Baden-Württemberg, wo attraktive Arbeitgeber wie Daimler, Bosch, Porsche, Trumpf und all die Hidden Champions, die in ihrem Bereich führen, um Fachkräfte buhlen. Kaum etwas würgt Gründungsgeschehen so effektiv ab wie eine gute Beschäftigungslage. So weit die gute Nachricht.

Innovative Unternehmen wirken als Motor

Dennoch ist die sinkende Zahl von Neugründungen – die übrigens auch im Bundesdurchschnitt gilt – alarmierend, und das nicht nur, weil es im Konkurrenzland Bayern besser aussieht. Junge, innovative Unternehmen mit Wachstumspotenzial sind der Motor für die Dynamik und die Erneuerungskraft einer Volkswirtschaft. Sie beleben den Wettbewerb mit den arrivierten Unternehmen und treiben Innovationen voran. Ohne Neugründungen, ohne frisches Blut ist es um eine Volkswirtschaft schlecht bestellt – nicht sofort, aber auf alle Fälle in absehbarer Zukunft.

In den vergangenen Wochen hat die Stuttgarter Zeitung in ihrer Serie „Startklar“, die in der heutigen Ausgabe abschließt, zahlreiche Gründer im Land porträtiert. Das Bild, das dabei entstanden ist, zeigt, wie unterschiedlich die Motivation sein kann, das Wagnis Selbstständigkeit einzugehen: Mal ist es die schiere Not, weil vor allem Frauen ansonsten keine Karriere in einem flexiblen Rahmen möglich ist, die diesen Namen auch verdient. Manchmal ist es die Erkenntnis, dass die eigene Idee nicht im Rahmen eines bestehenden Unternehmens umgesetzt werden kann. Und oft ist es auch einfach der Wille, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen und sich nicht fremdbestimmen zu lassen.

Bayern als Vorbild

Fast alle Gründer berichteten aber auch von Hemmnissen, die sich ihnen in den Weg stellten: von bürokratischen Hürden, von der Schwierigkeit, die finanziellen Voraussetzungen für das Wachsen ihrer Unternehmen zu realisieren. Solchen Schwierigkeiten Gehör zu schenken ist in erster Linie Aufgabe der Politik und der Förderinstitutionen, seien es Wirtschaftsverbände oder Universitäten. Gemeinsam können sie ein Klima schaffen, in denen Unternehmen wachsen und gedeihen.

Der Erfolg von Gründerzentren, die in Baden-Württemberg in den neunziger Jahren ihre Hochzeit hatten und mittlerweile vielerorts aus der Mode gekommen sind, zeigt dies: Nicht umsonst war das Land bei Hightechgründungen in dieser Zeit unerreichbar spitze. Eine Rückbesinnung auf solche Inkubatoren, in denen sich Gründer gegenseitig stützen und befruchten können und wo Rat und Tat von erfahrenen Ratgebern erreichbar sind, ist dringend notwendig. Solche Zentren erhöhen auch die Sichtbarkeit von Gründern und schaffen eine Aufbruchstimmung, die in unserer oft verzagten, gesetzten Gesellschaft zur Mangelware zu werden droht.

Bayern hat es geschafft, rund um seine Landeshauptstadt ein Wohlfühlklima für junge Unternehmen zu schaffen und ihnen den Zugang zu entsprechendem Startkapital zu erleichtern. Baden-Württemberg kann da noch das eine oder andere lernen – ganz im eigenen, vitalen Interesse.