Oskar Lafontaine macht einen Rückzieher – aber zu spät. Der Schaden für die Linkspartei ist kaum noch zu reparieren, meint StZ-Politikredakteur Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es ist weniger die Frage, warum Oskar Lafontaine davon Abstand nimmt, nach dem Vorsitz der Linkspartei zu greifen – sondern vielmehr, warum er dies erst jetzt tut. Sein Egotrip konnte nicht zum Erfolg führen, selbst wenn dieser von den westlichen Landesverbänden unterstützt wurde. Brauchte es erst ein Abendessen mit Dietmar Bartsch, um zu erfahren, dass dieser keinesfalls auf die Kandidatur beim Parteitag verzichten würde? Und brauchte es erst die Distanzierung von Fraktionschef Gregor Gysi, um zu erkennen, dass er, Lafontaine, nicht als Heilsbringer taugt? Wenn Politikern die Bodenhaftung abhandengekommen ist, neigen sie zu irrationalen Entscheidungen.

 

Mit dem Rückzug des Saarländers ist das Chaos in der Partei nicht beseitigt. Vielmehr steht die Linke völlig zerrissen da. Und es ist schwer vorstellbar, dass die künftige Doppelspitze die Partei versöhnen kann, wenn Bartsch ein Teil von ihr ist. Auch ihm haftet der Makel an, die Linke gespalten zu haben. Somit bräuchte es einen neuen Weg, um Ost und West auf einen Kurs zu bringen. Finden ihn die Linken nicht, werden sie in der Bedeutungslosigkeit versinken. Die jüngsten Wahlergebnisse sollten Warnung genug sein. Ihre politischen Anliegen sind noch immer zeitgemäß. Überflüssig ist hingegen eine Partei, die ritualhaft Machtkämpfe betreibt.