Mit dem Besuch seines Ministerpräsidenten im Gazastreifen zeigt Ägypten demonstrativ Solidarität mit Hamas. Aber einen Bruch mit Israel will es nicht, meint StZ-Korrespondent Martin Gehlen.

Kairo - Wieder fliegen zwischen Hamas und Israel Raketen, wieder droht ein Krieg vor der Haustüre Ägyptens auf dem Sinai. Vier Jahre liegt der letzte Waffengang zurück. Doch zwischen der Reaktion Ägyptens unter Hosni Mubarak und heute unter seinem demokratisch gewählten Nachfolger liegen Welten. Damals hinderte Kairo freiwillige ägyptische Ärzte an der Einreise in den Küstenstreifen, die ihren völlig überlasteten palästinensischen Kollegen beistehen wollten. Heute schickt Staatschef Mohamed Mursi als Erstes seinen Ministerpräsidenten ins Kampfgebiet, um Ägyptens Solidarität zu demonstrieren.

 

Doch so symbolträchtig diese Geste, so bewegend für die Eingesperrten der hohe Besuch aus Kairo wirkt, Ägyptens demonstrative Präsenz ist keineswegs ein Freibrief. Seit islamische Fanatiker aus Gaza 16 ägyptische Soldaten ermordeten, ist das Grenztor von Rafah wieder genauso stark verriegelt wie zu Mubaraks Zeiten. Auch hat Kairo angesichts der wachsenden Anarchie auf dem Sinai kein Interesse, das Camp-David-Abkommen und damit die Sicherheitskooperation mit Israel aufzukündigen. Mit dem Abzug seines Botschafters und der dramatischen Visite seines Premiers hat Ägypten seine diplomatischen Karten erst einmal ausgereizt. Wie es nun weitergeht, hängt auch von dem Verhalten der Hamas in den nächsten Tagen ab.