Viele Senioren erleben laut einer EU-Studie psychische Gewalt – mehr, als man glaubte. Diesem Hinweis sollte man nachgehen, meint StZ-Redakteur Matthias Bury.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die demografische Entwicklung gehört zu den großen Herausforderungen der Sozialpolitik. Auf allen politischen Ebenen bereitet man sich darauf vor, dass der Anteil von alten Menschen an der Bevölkerung deutlich steigen wird. Was die Sache nicht einfacher macht: Immer mehr Senioren leben alleine, auch sie wollen möglichst lange in den eigenen vier Wänden bleiben.

 

Auch dort, wo auf den ersten Blick die Dinge in Ordnung zu sein scheinen, wo ältere Ehepaare noch selbstständig zusammenleben, steht offenbar nicht alles zum Besten. Das legen die Ergebnisse einer EU-Studie zum Zusammenhang von Gewalt und Gesundheit bei älteren Menschen nahe. Fast 30 Prozent der Teilnehmer haben angegeben, sie seien Belastungen durch psychische Gewalt ausgesetzt.

Dieser Befund schreckt auf, er muss aber erhärtet und vertieft werden, zu vieles daran ist noch unklar. Er wirft allerdings ein Schlaglicht auf die Lebenslage von Senioren. Doch Fragen gibt es viele. Gehen alte Menschen hierzulande rüder miteinander um als etwa in Südeuropa? Sind sie überfordert, weil sie isolierter leben als ihre Altersgenossen in den Krisenländern des Südens? Oder besteht in den prosperierenden Gesellschaften des Nordens einfach eine höhere Sensibilität für ein Thema wie psychische Gewalt?

Die Landeshauptstadt begegnet der demografischen Entwicklung mit ihrer breit angelegten partizipativen Altersplanung, bei der, wie der Name es sagt, die Betroffenen durch Umfragen oder Diskussionsforen gehört und etwa bei Quartierskonzepten beteiligt werden. Die Richtung stimmt: die Angebote sollen noch stärker auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt, die kleinräumigen Beziehungsgeflechte enger geknüpft werden. Angesichts der jüngsten Studienergebnisse sollte das vorliegende Handlungsprogramm jedoch um das eine oder andere Projekt zum Thema Beziehungsgewalt ergänzt werden.