Baden-Württemberg muss seine Beamten anständig behandeln. Doch es hat auch noch ein paar andere Aufgaben zu stemmen, meint der StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Die von der grün-roten Landesregierung propagierte „Politik des Gehörtwerdens“ stößt an ihre Grenzen. Das hat die Protestkundgebung der Beamten eindrucksvoll bewiesen. Wer gehört werden will, tut gut daran, auch zuzuhören. Die Staatsdiener aber zeigten sich vorrangig daran interessiert, dem Ministerpräsidenten die Meinung zu tröten – was ihnen auch bis zur Schmerzgrenze und über sie hinaus gelang.

 

Wut ist freilich noch kein Argument. Aber sie kann alles andere überdecken. Was Volker Stich, der Chef des baden-württembergischen Beamtenbunds, in der Stuttgarter Liederhalle sagte, spielte letztlich keine Rolle mehr. Was ankam, war der Lärm. Der Protest war in dieser Form, schaut man sich die tatsächliche Einsparung im Landesetat 2012 an, schon sehr enthemmt. Aber klar, dem Beamtenbund geht es um Prävention. Grün-Rot soll die Courage zu tieferen Einschnitten ins Beamtenwesen von vornherein genommen werden. Wahr ist freilich auch, dass den Staatsdienern vor der Landtagswahl ein Ende des Durchregierens versprochen worden war. Bei den Grünen dürfte die Wutwelle der Beamten einen mittleren Schock auslösen. Im sozialpolitischen Verteilungskampf ist die Partei eher unerfahren; sie hat sich dafür bisher auch allenfalls mäßig interessiert. Und wenn, dann unter fiskalischen und haushaltstechnischen Gesichtspunkten.

Teufel gewann Wahlen auch gegen den Beamtenbund

Spannend ist deshalb die Frage, wie die Landesregierung jetzt reagiert. Die Vergangenheit liefert durchaus unterschiedliche Vorlagen. Bei einem Ministerpräsidenten Erwin Teufel, zumal in dessen Spätphase, hätte sich Beamtenbund-Chef Stich mit dieser Kundgebung vom Verhandlungstisch wegkatapultiert. Wenn Stich überhaupt noch zu Gesprächen eingeladen worden wäre, dann auf stellvertretender Referatsleiterebene. Teufel gewann seine Wahlen zur Not auch gegen den Beamtenbund, allerdings verfügt die CDU zumindest im höheren Staatsdienst über eine Verankerung, welche Grün-Rot abgeht. Günther Oettinger wiederum hätte es gar nicht zu diesem Protest kommen lassen. Den Beamten wäre ein wenig genommen, ein bisschen was gegeben, im Übrigen aber Ruhe versprochen worden – ums Paket eine bunte Schleife mit der Aufschrift „Bündnis mit den Beamten“, fertig. Das hatte Stich jetzt wieder versucht, mit SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel an seiner Seite.

Tatsache ist, dass die Länder im hohen Maße Verwaltungseinheiten sind mit einem entsprechen hohen Anteil an Beamten, die anständig behandelt werden müssen. Tatsache ist aber auch, dass Baden-Württemberg für die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse nicht gerüstet ist. Ein klassisches Dilemma, das aber allein nicht dadurch aufgelöst werden kann, dass das Land – wie Stich tendenziell vorschlägt – seinen Restanspruch an politischer Gestaltung aufgibt. Natürlich müssen Stellen eingespart werden, dies aber zunächst einmal zur Sanierung des Etats. Ansonsten entstehen schon bald Haushaltszwänge, die auch dem Beamtenbund jeden Einfluss auf die Landespolitik nehmen.