Die G20 kann durchaus Erfolge vorweisen. Doch bei der Umsetzung fehlt es oft an Glaubwürdigkeit, meint StZ-Redakteur Roland Pichler zum Abschluss des Gipfels.

St. Petersburg - Die Kritik an Weltwirtschaftsgipfeln ist so alt wie die Geschichte dieser Konferenzen. Schon der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt, der am ersten Treffen dieser Art 1975 im Schloss Rambouillet bei Paris teilnahm, rügte die überdimensionierten Veranstaltungen. Vieles hat sich seitdem verändert. Nachdem früher die Industrieländer unter sich waren, sind seit einigen Jahren die Schwellenländer mit dabei. Als vor fünf Jahren die globale Finanzkrise ausbrach, wurde entschieden, dass die aufstrebenden Volkswirtschaften mit von der Partie sein müssen. Diese Erweiterung hat sich bewährt. Dennoch droht der G 20 trotz ihres jungen Alters schon eine Glaubwürdigkeitskrise. Dies hat sich in St. Petersburg wieder einmal gezeigt.

 

Es wird immer deutlicher, dass die Industrie- und Schwellenländer nur noch wenig Energie aufbringen, um Finanzmarktreformen fortzusetzen. Die Luft ist bei diesem Thema raus. Dabei kann die G 20 durchaus auf Erfolge verweisen. Zu den wichtigsten Vorkehrungen gegen künftige Bankenkrisen gehört die vor einigen Jahren gefasste Entscheidung, dass die Geldhäuser mehr Eigenkapital bilden müssen. Damit sind sie besser gegen Turbulenzen gewappnet. Verbessert hat sich auch die Aufsicht über die Banken. Zugleich zeigt sich aber eine neue Sorglosigkeit im Umgang mit bestehenden Risiken. Die Vereinigten Staaten und London, die große Finanzplätze haben, wollen von strengeren Regeln für sogenannte Schattenbanken wenig wissen. Dabei gehen von diesem unregulierten Sektor, zu dem etwa Hedgefonds gehören, nach wie vor große Gefahren aus. Deutschland besteht deshalb zu Recht darauf, dass alle Finanzakteure besser kontrolliert werden. Nun liegt dafür zumindest ein vager Zeitplan vor.

G 20 muss sich stärker auf Wirtschaftsthemen konzentrieren

Die neue Sorglosigkeit zeigt sich auch auf anderem Gebiet: Vor drei Jahren vereinbarte die G 20 Ziele zum Defizit- und Schuldenabbau. Davon wollen heute Länder wie die USA und Japan nichts mehr wissen. Anstatt sich feste Ziele zu setzen, werden Absprachen häufig aufgeweicht. Damit verstärkt sich der Eindruck, dass es sich bei der G 20 um einen Debattierclub handelt, der seine eigenen Vereinbarungen nicht ernst nimmt. Die G 20 verspielt damit Vertrauen. Sie muss sich stärker auf die wichtigen Wirtschaftsthemen fokussieren und sich Zeit für die zentralen Themen nehmen. Dazu gehört auch eine Kontrolle der gefassten Beschlüsse.

Die Kooperation von Industrie- und Schwellenländern ist wichtiger denn je. Nach dem Gipfel von St. Petersburg müssen die Staaten aufpassen, dass sie nicht wieder wortbrüchig werden. Wegweisend ist sicherlich die Absichtserklärung, stärker gegen den Steuerbetrug und die ausgefeilten Steuervermeidungsstrategien von Konzernen vorzugehen. Dazu gehört der Plan, dass die Staaten einen automatischen Informationsaustausch aufbauen wollen. Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben, das viel Ausdauer und Kärrnerarbeit erfordert. Der Austausch von Steuerdaten funktioniert nicht ohne eine enge Verzahnung der Datenverarbeitung. Bis die Industrie- und Schwellenländer ihre Finanzverwaltungen international vernetzen, dürften noch Jahre oder sogar Jahrzehnte vergehen. In St. Petersburg wurde ein Anfang gemacht, mehr nicht.