Die Bilanz des Kita-Ausbaus kann sich sehen lassen, meint der Berliner Büroleiter der StZ, Armin Käfer. Doch das Angebot reiche noch nicht aus, es müsse mehr getan werden. Schließlich gehe es um Investitionen in unsere Zukunft.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Was stimmt denn nun? Vom 1. August an haben Eltern ein gesetzlich verbrieftes Recht, auch Kinder unter drei Jahren staatlich betreuen zu lassen. Familienministerin Kristina Schröder verspricht, es werde annähernd genügend Kita-Plätze für die Kleinsten geben. Der Deutsche Städtebund rechnet hingegen vor, dass 100 000 Plätze fehlen werden. Und das Statistische Bundesamt legt Zahlen vor, die Schröders Prognose fragwürdig erscheinen lassen. Wer hat recht?

 

Zunächst bleibt festzuhalten, dass Bund, Länder und Kommunen eine enorme Kraftanstrengung bewältigt haben. 2006 gab es im Bundesdurchschnitt nur für gut 13 Prozent der Kleinkinder Platz in einer Kita. Es herrschten dramatische Engpässe, vor allem in Großstädten. Der Betreuungsnotstand war ein Handikap gerade für junge Frauen. Lange Familienpausen bedeuten für sie oft eine Karrierebremse. Inzwischen hat sich das Betreuungsangebot verdreifacht. Hunderttausende Kita-Plätze wurden neu geschaffen, Milliarden Euro dafür aufgewendet. Das sind Investitionen in unsere Zukunft. Das Geld ist gut angelegt. Deutschland hat auf diesem Feld einen Modernisierungsschub erlebt.

Dem Bund sind keine Vorwürfe zu machen

Das hilft nicht nur den Eltern, die solche Einrichtungen nutzen. Auch Betriebe profitieren, weil berufstätige Mütter oder Väter, wenn sie Nachwuchs bekommen, nicht zwangsläufig als Erwerbstätige ausfallen und Monate oder gar Jahre zuhause bleiben müssen, um ihre Kinder zu betreuen. Die neuen Verhältnisse zahlen sich auch volkswirtschaftlich aus – höhere Erwerbsquoten stabilisieren die Sozialkassen.

Zurück zur Statistik: Familienministerin Schröder ist zwar notorisch bemüht, ihre Bilanz schönzurechnen. Die Zahlen, die sie vorlegt, beruhen aber auf Angaben der Länder. Dem Bund sind keine Vorwürfe zu machen. Auf seine Initiative hin kam der Kita-Ausbau überhaupt erst in Gang. Er hat mehr Geld investiert als ursprünglich zugesagt – obwohl es sich hier gar nicht um eine Bundesangelegenheit handelt.

Die Länder haben kurz vor Beginn des Rechtsanspruchs natürlich ein Interesse daran, den Eindruck zu erwecken, sie hätten alles getan, um ein ausreichendes Platzangebot zu gewährleisten. Das gilt längst nicht für alle. Manche haben gerade einmal die Hälfte der Zuschüsse ausgeschöpft, die der Bund für sie bereitstellt. Dort haben die Eltern allen Grund, sich zu beschweren. Es handelt sich dabei kurioserweise vor allem um rot-grün regierte Länder – wo SPD und Grüne in Wahlkampfreden doch so viel Wert auf den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur legen. Nachholbedarf gab es aber auch dort, wo die Union den Kita-Ausbau aus ideologischen Gründen vernachlässigt hat. Dazu zählt Baden-Württemberg.

Der Bedarf wird weiter wachsen

Unterm Strich haben vermutlich sowohl die Schönredner als auch die Skeptiker recht. Unter dem Damoklesschwert des drohenden Rechtsanspruchs wurden buchstäblich in letzter Minute noch zigtausend neue Plätze geschaffen. Selbst wenn die angepeilte Zahl im Bundesdurchschnitt aber erreicht werden sollte, heißt das nicht, dass am Ende nicht doch Plätze fehlen werden. Der Bedarf wird weiter wachsen. Vielleicht wächst er dort sogar schneller, wo die Betreuungsverhältnisse vergleichsweise gut sind. Manchmal schürt das Angebot auch die Nachfrage.

Es gibt so oder so keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Um das Plansoll zu erfüllen, wurden Kompromisse geschlossen, die auf Dauer nicht zu dulden sind: Vielerorts sind die neuen Kitas in provisorischen Räumen untergebracht, die Platzverhältnisse beengt. Es mangelt an Personal, zumindest an ausreichend qualifizierten Kräften. Mit solchen Zuständen werden sich die Eltern nicht abfinden – und sie haben recht. Bisher wurde im Zusammenhang mit der Kinderbetreuung vor allem über quantitative Fragen gesprochen. Nun sollte die Qualität ins Blickfeld rücken.