Ein pauschales Kopftuchverbot für Mädchen an Grundschulen passt nicht zu unserem liberalen, weltoffenen und auf religiöse Toleranz setzenden Rechtsstaat, meint unser Autor Christoph Link.

Stuttgart - Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Maunz, will ein Kopftuchverbot für Mädchen an Grundschulen prüfen lassen. Die Fürsprecher eines solchen Verbots argumentieren, die Schülerinnen mit Kopftuch würden ausgegrenzt von den anderen Kindern – und das in einem frühen Stadium. Aber stimmt das wirklich, ist nicht eher das Gegenteil der Fall? Die religiöse Orientierung – auch bei Christen mit der Kindstaufe meist vom Elternhaus vorgeben – ist ein wichtiger Bestandteil der persönlichen Identität, deren Ausprägung auch für Kinder enorm wichtig ist. Mit dem Verbot des Tragens eines religiösen Symbols mischt sich der Staat ein in diese Identitätsfindung. Er würde durch die Ausübung von Zwang erst recht zu einer Ausgrenzung der muslimischen Mädchen beitragen. Schaut her, das ist die Muslima, die ihr Kopftuch nicht tragen darf, könnte es in der Schulklasse heißen. Ein pauschales Verbot ist nicht gerechtfertigt. Aber wenn ein Mädchen offensichtlich von den Eltern gegen ihren Willen zum Tragen des Tuches gezwungen wird – dann sollten die Behörden im Einzelfall einschreiten.

 

Aber nochmals: Ob Kippa, Kruzifix oder Kopftuch – Deutschland ist ein weltoffener und toleranter Rechtsstaat. Er hält Andersein und kulturelle Vielfalt aus. Mehr noch, sie gehören gewissermaßen zu seiner Grundlage. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses seien unverletzlich, heißt es im Grundgesetz. Und die ungestörte Religionsausübung werde gewährleistet. Das sind Sätze, um die uns andere Gesellschaften beneiden. Man sollte unsere Grundrechte nicht aushöhlen.