Der umstrittene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst wird beurlaubt. Für den Vatikan in Rom ist es nicht mehr selbstverständlich, einen Bischof zu schützen, kommentiert Paul Kreiner.

Rom - Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich in Rom gut verteidigt, und die Medien in Deutschland haben ihm dabei geholfen. Das klingt verwunderlich, folgt zunächst aber einem alten katholischen Verhaltensmuster: Je heftiger „die Welt“ auf einen geistlichen Amtsträger einprügelt, umso tiefer birgt ihn Mutter Kirche in ihrem Schoß. Da wird auch nicht nur der Attackierte geschützt – nach dem Grundsatz des gemeinen Strafrechts „Im Zweifel für den Angeklagten“ –, da schließt die Organisation als ganze ihre Reihen.

 

In den Pädophilie-Skandalen der vergangenen Jahre hat diese Haltung zur gemeinschaftlichen Vertuschung „abscheulicher Verbrechen“ (Benedikt XVI.) geführt. Im Fall Limburg hat der Vatikan zu einer vernünftigen, menschlichen und letztlich offenen Entscheidung gefunden. Denn eins steht fest: was immer Tebartz-van Elst vorgeworfen wird, geklärt ist das alles noch nicht. Auch ein möglicherweise schräger Bischof hat das Recht auf einen fairen Prozess. Und diesen hat der Vatikan im Sinn, wenn er nun feststellt, es sei eine „Vergewisserung über die Verantwortlichkeiten“ beim teuren Bau der Limburger Residenz vonnöten. Die Prüfung läuft; sie kann so oder so ausgehen. Nirgendwo behauptet der Vatikan die Unschuld des Angeklagten. Aber er schließt sich auch nicht dem medial dirigierten Chor derjenigen an – auch jener Amtsbrüder in Deutschland –, die Tebartz-van Elst bereits jetzt verurteilt haben.

Die Erklärung des Vatikans klingt kühl

Gemessen an der Rundum-sorglos-Versicherung allerdings, die Mutter Kirche ihren Würdenträgern zu lange ohne großes Nachfragen gewährt hat, liest sich die vatikanische Erklärung zum Limburger Bischof nachgerade kühl. Auf Biegen und Brechen verteidigt wird da nicht mehr. Die Formulierung, man habe Tebartz-van Elst eine Auszeit „gewährt“, lässt durchaus vermuten, dass Forderungen nach einem Rücktritt im Raum gestanden hatten, die der Bischof während einer Woche harter Kompromissverhandlungen gerade noch so in eine Auszeit abbiegen konnte. Denn dass der Vatikan über die Limburger Vorgänge Bescheid weiß, steht außer Frage. Und das römische Naserümpfen war schon im September spürbar, als der Papst den früheren Botschafter in Berlin, Giovanni Lajolo, zu einem „brüderlichen Besuch“ in die Domstadt schickte.

Man mag es kritisieren, dass im Wiesbadener Stadtdekan Wolfgang Rösch nun ausgerechnet ein Mann die Diözese „verwalten“ soll, den Tebartz-van Elst persönlich ausgesucht hat und der als Generalvikar laut Kirchenrecht „niemals gegen den Willen und die Absicht des Diözesanbischofs handeln darf“. Aber die Finanzprüfung durch ein Komitee der Deutschen Bischofskonferenz sollte die für ein Strafverfahren hinreichend umfassende Beweisaufnahme sicherstellen. Außerdem ist Tebartz-van Elst gut beraten – schon, um die eigene Haut zu retten –, sich nicht ins Verfahren einzumischen oder die Gewässer mit öffentlichen Äußerungen zu trüben.

Die Diskussion um die kirchlichen Finanzen ist eröffnet

An Gutem haben die Limburger Wirren, wie immer sie ausgehen, schon einiges gebracht. Nicht nur, dass der Vatikan die Tür zu unvoreingenommenen Prüfungen geöffnet hat. Geöffnet haben sich auch die Bistümer in Deutschland, indem sie bisher ungeahnte Einblicke in ihr Vermögen zulassen. Es ist ja keine Schande, Geld zu haben. Aber es stammt in dieser oder jener Form von den Gläubigen; sie haben ein Recht zu erfahren, was damit angestellt wird. Von einer regelrechten Mitbestimmung in finanziellen Dingen, wie es sie nur in einzelnen Diözesen und dann höchstens für den laufenden Haushalt gibt, ist die katholische Kirche immer noch weit entfernt. Aber es ist kein verderblicher Einfluss irdischer Demokratie, darüber nachzudenken. Im Gegenteil. Die wahren, inhaltlich wichtigeren, überfälligen Reformen bleiben in dieser Kirche sowieso der „Basis“ entzogen. Wahrscheinlich für immer.