Der ehemalige Porsche-Finanzchef wird im Zuge der gescheiterten VW-Übernahme zu einer Geldstrafe von 630.000 Euro verurteilt. Die juristische Aufarbeitung des Deals wird dennoch scheitern, meint der StZ-Wirtschaftsressortleiter Michael Heller.

Stuttgart - Das Kalkül von Holger Härter ist nicht aufgegangen. Fest von der eigenen Unschuld überzeugt, hatte es der frühere Porsche-Finanzchef abgelehnt, einen Deal mit dem Gericht auszuhandeln: ein bisschen Schuldbewusstsein gegen ein mildes Urteil. Das Gericht hat jedoch anders als von Härter erhofft nicht auf Freispruch entschieden, sondern den 57-Jährigen wegen Kreditbetrugs zu einer Geldstrafe von 630 000 Euro verurteilt. Mehr noch als der finanzielle Aderlass wird den Manager schmerzen, dass er nun mit dem Makel einer Vorstrafe leben muss. Und ihm droht weiteres Ungemach. Zusammen mit seinem früheren Chef Wendelin Wiedeking ist der Ex-Manager angeklagt, in den Jahren 2008/09 bei dem Versuch der Übernahme von Volkswagen den Aktienkurs von VW manipuliert zu haben.

 

Die Justiz, die im Zusammenhang mit dem VW-Porsche-Drama auch den Wolfsburger Patriarchen Ferdinand Piëch, Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats, ins Visier genommen hat, erweckt den Eindruck, als betreibe sie schonungslose Aufklärung. Zweifellos hat es in dieser Auseinandersetzung Sieger und Verlierer gegeben. Mancher Anleger hat sich verkalkuliert und Kursverluste hingenommen; auf der anderen Seite stehen die Familien Porsche und Piëch, die die Macht in Europas größtem Autokonzern gewonnen haben.

Formalien werden dem Erfolg untergeordnet

Doch mit juristischen Mitteln und dem Strafgesetzbuch in der Hand ist der Sache nachträglich nicht mehr beizukommen. Das Schwert ist stumpf, wie der Prozess gegen Härter gezeigt hat. Dem Urteil zufolge hat der ehemalige Finanzchef eine Bank betrogen, die sich nach eigenem Verständnis aber nicht betrogen fühlt. Kein Wunder, dass es schwerfiel, den Nachweis des Betrugs zu führen. Zwar hält es das Gericht für erwiesen, dass sich Härter die Kreditzusage durch falsche Angaben erschlichen hat, die Verhandlungen haben freilich einen anderen Eindruck vermittelt. Die französische Bank BNP Paribas wollte das Geschäft mit Porsche damals unbedingt machen. Diesem Erfolg im Nachbarland wurden kreditwirtschaftliche Formalien untergeordnet – eine wirtschaftliche Entscheidung. Für einen Manager wie Härter ist das Routine; nur eben nicht für das Gericht.

Von kaum größerem Kaliber ist der Vorwurf der Manipulation des Aktienkurses gegen ihn und Wiedeking. Sollten nur einige Börsenpflichtmitteilungen zu spät oder gar nicht veröffentlicht worden sein oder sollten sich Beteiligte in Interviews verplappert haben – wegen des gleichen Verdachts wird mittlerweile auch gegen den gesamten damaligen Porsche-Aufsichtsrat ermittelt –, so ist das noch kein handfester Skandal. Porsche hat nun einmal spekuliert. Und zur Spekulation gehört es, nicht alle Beteiligten vollständig über die eigenen Absichten zu informieren. Wer dem Glauben anhängt, dass an der Börse alle Anleger gleich behandelt werden, ist naiv.

Gesetzliche Vorschriften fehlen

Im Fall VW-Porsche geht es freilich um mehr. Der wahre Skandal besteht darin, dass Wiedeking und Härter Porsche im Sommer 2009 fast an die Wand gefahren hätten; ein Insolvenzantrag war damals ein sehr reales Schreckgespenst. Und was ist passiert? Die Verhältnisse drehten sich um: Porsche musste den Übernahmeversuch abbrechen, stattdessen übernahm Volkswagen Porsche. Wiedeking und Härter verloren ihre Jobs, wurden heimgeschickt – mit Abfindungen in Höhe von 50 und 12,5 Millionen Euro. Zur Kasse gebeten für das Fiasko wurden sie mit keinem Eurocent.

Ursprünglich verfolgten die Ermittler einen ehrgeizigen Ansatz und wollten den Nachweis erbringen, dass Wiedeking und Härter die Schädigung des eigenen Unternehmens in Kauf genommen haben. Sie sind gescheitert, weil es in den Gesetzen keine strikten Vorschriften gibt, die Manager für ihr Handeln in die Haftung nehmen. Es ist also nicht die Justiz, die versagt; der Gesetzgeber muss endlich reagieren.