Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann trotz hervorragender Rahmendaten leider keine Rücklagen bilden, schreibt StZ-Autor Philipp Scheffbuch.

Stuttgart - Für die BA-Statistiker ist die Sache klar: 2012 war ein Erfolgsjahr. In der Tat, die Zahlen sind beeindruckend . So wenige Arbeitslose wie im vergangenen Jahr gab es zuletzt im von der Wiedervereinigung begünstigten Boomjahr 1991. Laut BA-Tabellen befanden sich im Jahresschnitt 263 000 Menschen weniger als noch im Vorjahr auf der Suche nach Arbeit.

 

Jedoch gab es bisher immer gute Gründe, der klassischen Arbeitslosenstatistik zu misstrauen. Haben die Nürnberger die Aufstellungen doch nach Maßgabe der Bundesregierung zu erstellen. Vor vier Jahren mussten plötzlich alte und junge Arbeitslose sowie Ein-Euro-Jobber herausgerechnet werden. Um dem Vorwurf der Schönfärberei entgegenzutreten, führte BA-Chef Frank-Jürgen Weise damals klugerweise eine zweite Ziffer ein: die Unterbeschäftigung. Sie berücksichtigt neben den klassischen Arbeitslosen alle Personen, die in Ein-Euro-Jobs oder Weiterbildungen stecken. Die Ziffer spiegelt also die Verhältnisse genauer wider und missachtet alle politisch motivierten Verschiebebahnhöfe. Viele Monate bremste sie die aufkommende Euphorie aus – aber jetzt verstärkt sie plötzlich erstmals ein Hochgefühl.

Unterbeschäftigung zeigt das wahre Bild

Die Unterbeschäftigung ist nämlich binnen eines Jahres um 500 000 auf 3,9 Millionen Menschen gesunken, damit ist der Rückgang doppelt so groß wie bei der Zahl der Arbeitslosen. Die Lage am Arbeitsmarkt ist in der Realität also deutlich besser, als die offizielle Statistik vermuten lässt. Ursache hierfür ist eine veränderte Arbeitsmarktpolitik. Weil immer weniger Ein-Euro-Jobs angeboten und finanziert werden, steigt die offizielle Zahl der Arbeitslosen entsprechend. Der Rückgang der Ein-Euro-Jobs verschlechtert damit jetzt diejenige Statistik, die mit Einführung der Maßnahme aufgehübscht werden sollte. Die Unterbeschäftigung – die solche Spielereien nie berücksichtigt hatte – zeigt das wahre Bild: Eine halbe Million Menschen weniger als noch 2010 waren in Deutschland zuletzt auf Arbeitssuche.

Trotz berechtigter Freude über die günstige Entwicklung des Arbeitsmarktes erstaunt es, dass die BA nach wie vor von der Hand in den Mund leben muss. Obwohl sich die Einnahmen und Ausgaben deutlich günstiger als geplant entwickelt haben, wird die Behörde das Jahr 2011 gerade mal mit einer schwarzen Null abschließen. Die Arbeitslosenversicherung kann trotz bester ökonomischer Rahmenbedingungen keine Rücklagen für mögliche konjunkturelle Schwächephasen bilden. Das ist beklagenswert und hilft nicht, der Grundidee einer tatsächlichen Versicherung näher zu kommen. Soll die BA nicht dauerhaft am Tropf des Bundes hängen, muss gewährleistet sein, dass sie zumindest in Hochphasen Überschüsse erzielen und diese auch einbehalten kann. Erst dann können Nürnberg weitere berechtigte Sparbeiträge abverlangt werden.