Verkehrsminister Dobrindt hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, der zu einer weiteren Netzausdünnung führen würde, kommentiert der Redakteur Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Spektakuläre Sportereignisse wie die Fußball-EM sind bei manchen Politikern und Regierungen beliebt. Das Wahlvolk schaut gebannt in die Glotze, die Abgeordnetensitze im Parlament sind dünn besetzt. Schnell und unauffällig lassen sich dann heikle Gesetze durchbringen, am besten noch spätabends nach einem langen Sitzungstag.

 

So trickreich scheint die Bundesregierung nun auch beim umstrittenen Gesetz zur Bahnregulierung agieren zu wollen, das am Donnerstag im Bundestag zur Debatte steht. Die Beratung könnte just dann stattfinden, wenn ab 21 Uhr der EM-Knaller Frankreich – Deutschland läuft, alle Welt abgelenkt ist und das Topspiel die Schlagzeilen beherrscht.

Es wäre aber schade, wenn die Informationen über die abermals dilettantische Verkehrspolitik der Bundesregierung zu kurz kämen. Der zuständige Ressortchef Alexander Dobrindt hat es mit seinem Gesetzentwurf zur Eisenbahnregulierung (EReG) nämlich nach den missratenen Pkw-Mautplänen erneut geschafft, der Koalition einen Rohrkrepierer ins Nest zu legen. Nicht genug damit, dass die Umsetzung der durchaus sinnvollen Brüsseler Richtlinie längst überfällig ist und sogar ein peinliches EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland läuft. Auch der Inhalt des Gesetzentwurfs ist so dünn, dass der Bundesrechnungshof ein geradezu vernichtendes Urteil fällt, wenn auch im vornehmen Bürokratendeutsch. Fazit der Expertise: Dieses Gesetz bringt nichts und ist sogar kontraproduktiv.

So sieht das auch die Opposition. Das Gesetz sei in Wahrheit ein „Eisenbahn-Reduzierungsgesetz“, spottet der grüne Bahnexperte Matthias Gastel. Denn durch absurde neue Regeln drohen zum Beispiel einseitig höhere Trassenpreise im ohnehin von Fernbussen bedrohten ICE- und IC-Verkehr, und es droht damit in der Folge eine weitere Netzausdünnung. Zumindest das versuchten in den letzten Tagen die Bundesländer sowie die Gewerkschaft EVG mit Demonstrationen vor dem Hause Dobrindt noch zu verhindern. Es gibt aber noch viele andere Kritikpunkte. Mit seinem erneuten Foul an einer nachhaltigen Verkehrspolitik hat sich Dobrindt die Rote Karte nun endgültig verdient. Unter dem CSU-Mann ist die staatseigene Bahn noch weiter ins Abseits geraten. Die Auswechslung dieses Spielführers ist überfällig.