In schlechten Zeiten dürfen Frauen ran: In Großbritannien muss Theresa May die Trümmer beseitigen, die ihre Parteifreunde hinterlassen haben.

Stuttgart - Am Mittwoch übernimmt Theresa May in Großbritannien die Macht. Sie muss nun versuchen, die Trümmer zu beseitigen, die ihre Parteifreunde nicht nur ihrer Partei, sondern ihrem Land und Europa mit der Brexit-Entscheidung hinterlassen haben. Premierminister David Cameron hat mit fremdem Vermögen hoch gepokert und verloren – und sich damit als Politiker ein für allemal diskreditiert. Boris Johnson, der frühere Londoner Oberbürgermeister und prominenteste Kämpfer für den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union, hat sich nach dem offenbar für ihn selbst überraschenden Sieg feige zurückgezogen. Auch Nigel Farage, Europaabgeordneter und Vorsitzender der Unabhängigkeitspartei Ukip, der die Konservativen vor sich hergetrieben hat, hat keine Lust mehr auf Verantwortung.

 

Aber man muss nicht in die Ferne schweifen. Angela Merkel wäre wohl heute nicht Bundeskanzlerin, hätte die CDU um die Jahrtausendwende nicht in ihrer größten Krise gesteckt. Wegen der Parteispendenaffäre und der beharrlichen Weigerung von Altkanzler Helmut Kohl, an der Aufklärung mitzuwirken, verlor die Union weiter an Zustimmung. Als auch noch der damalige Bundesvorsitzende Wolfgang Schäuble zurücktreten musste, überließen die ehrgeizigen Parteifreunde ihrer Generalsekretärin das Feld.

Gut möglich, dass im kommenden Jahr mit Hillary Clinton auch in den USA eine Frau an die Spitze rückt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Frauen machen nicht automatisch eine bessere Politik oder treffen bessere Entscheidungen in der Wirtschaft. Aber Aufplustern und Kräftemessen ist ihnen eher fremd. Wie gefährlich solches Gehabe ist, lässt sich derzeit an vielen Ecken der Welt beobachten.