Die Wahl von Kardinal Marx zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz zeigt: die deutsche Kirche will wieder in die Offensive kommen, kommentiert unser Autor Michael Trauthig.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Die Entscheidung der Bischofskonferenz über ihren neuen Vorsitzenden ist überraschend und logisch zugleich. Einerseits hat in Kardinal Marx derjenige gewonnen, den die Mehrheit der Geistlichen noch vor sechs Jahren gegen den damaligen Konkurrenten Zollitsch durchfallen ließ. Andererseits kommt nun der Bischof zum Zuge, der so mediengewandt, politisch talentiert und rhetorisch begabt ist wie kein anderer. Marx ist insofern die richtige, ja die konsequente Wahl für eine Kirche, die nach vielen Krisen wieder in die Offensive kommen will. Der Münchner bringt mit seinem scharfen Verstand und dem raumgreifenden Auftritt alles mit, die katholische Kirche in Deutschland wirkungsvoll zu repräsentieren und ihr Gehör zu verschaffen.

 

Mutig ist seine Kür gleichwohl, denn ob der Machtmensch Marx auch das diplomatische Geschick hat, die Bischofskonferenz zu moderieren und ihre Flügel zusammenzuhalten, ist ungewiss. Zweifel sind jedenfalls erlaubt. In München hat sein rustikaler Führungsstil nämlich heftige Widerstände provoziert. Zudem fehlt es Marx, der früher als konservativ galt, sich nun aber reformfreudig gibt, am klaren inhaltlichen Profil seines seriösen und soliden Vorgängers. Marx kann besser unterhalten als Zollitsch. Ob er so verlässlich sein kann wie der Freiburger, wird sich zeigen.