Das Verhältnis der Stuttgart-21-Partner ist zerrüttet. Die Versöhnung muss die Bahn einleiten, meint StZ-Lokalchef Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Wenn in Stuttgart bereits im Januar das Wort des Jahres 2013 zu küren wäre, die Wahl würde wohl auf die Vokabel „Vertrauenskrise“ fallen. Das Schauspiel, das die Bahn-Vorstände Grube und Kefer sowie die Grünen-Verantwortungsträger Hermann (Land) und Kuhn (Stadt) darbieten, zeigt jedenfalls, dass die Kluft zwischen den vermeintlichen Projektpartnern von Stuttgart 21 so groß ist wie die Entfernung von der Erde zum Mond. Nicht einmal die kleinste Gemeinsamkeit ist noch zu erkennen vor dem heutigen Aufeinandertreffen der Herren. Statt konstruktiv nach Lösungen zu suchen, überziehen einander die vertraglich aneinandergeketteten Kontrahenten mit Vorwürfen – und demonstrieren so wieder einmal, dass sie in zwei Welten leben.

 

In der einen, jener der Bahn, herrscht der nachvollziehbare Zorn auf die Politiker, die ihnen einen Gutteil der Suppe eingebrockt haben. Das waren zunächst die CDU-Granden Oettinger und Schuster, die einst ein Projekt wiederbelebt haben, das die Bahn fast schon begraben hatte. Später, als die Finanzierungsvereinbarung unterzeichnet war, kamen jene an die Macht, die den Tiefbahnhof ohnehin nie wollten. Aber genau mit denen muss die Bahn jetzt kooperieren. Das ist nicht einfach.

Mit knappen Dementis nährt der Konzern Zweifel

In der anderen Welt leben jene, die nicht nur am Sinn des Projekts zweifeln, sondern vor allem an der Fähigkeit der Bahn, den Tiefbahnhof und die Neubaustrecke sowohl planerisch als auch baulich und vor allem finanziell zu realisieren. Diese Gruppe ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, und es sollte der Bahn zu denken geben, dass traditionell das größte Reservoir der S-21-Gegner im Lager der Befürworter schlummert. Nach der erneuten Kostenexplosion hat kein Geringerer als der Stuttgarter CDU-Chef Stefan Kaufmann gesagt, dass die Bahn großes Talent darin habe, aus Befürwortern Gegner zu machen. Das stimmt. Und mit knappen Dementis – wie jetzt wieder bei der Frage nach Mehrkosten bei der Neubaustrecke – nährt der Konzern weitere Zweifel. Zu oft hat man diese Widerworte schon gehört, um später festzustellen, dass doch gestimmt hat, was die Skeptiker vorausgesagt hatten. Deswegen hat die Bahn nur eine Chance, um die tiefe Vertrauenskrise zu überwinden: Sie muss Transparenz herstellen.

Darin hat sie leider keine Übung.