Angesichts der großen Finanzpolster in der Krankenversicherung wächst der Druck, die Praxisgebühr zu streichen. Die Politik sollte aber standhaft bleiben, meint StZ-Redakteur Michael Trauthig.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Nun wackelt auch die Kanzlerin. Angela Merkel hatte bisher allen populistischen Versuchungen widerstanden und die Forderungen der FDP nach einem Aus für die Praxisgebühr abgeschmettert. Jetzt will sie die Sache neu prüfen. Warum eigentlich? Weil die Bundestagswahl näher rückt und ihr Koalitionspartner Wahlkampfhilfe braucht? Das Argument mag Parteistrategen überzeugen, für die Sache zählt es nicht. Weil die Gebühr sozial ungerecht ist und nie die Arztbesuche verringert hat? – Das hätte der Kanzlerin schon früher auffallen können. Oder bringt die CDU-Chefin zum Nachdenken, dass die Technikerkasse aktuell Prämien ausschüttet und unter Bedingungen die Praxisgebühr erstatten will?

 

Dieser Anlass bietet aber auch keinen Grund zum Umsteuern, zeigt er doch, dass die Konkurrenz zwischen den Kassen funktioniert. Wer es sich erlauben kann, gibt die Überschüsse den Mitgliedern zurück, nutzt Boni und Sonderleistungen als Werbeargument. Die anderen sorgen für die Zukunft vor oder kommen gerade nur so mit dem Geld hin. Nicht alle Kassen könnten eine Streichung der Praxisgebühr verkraften. Die Politik hat die Rahmenbedingungen für diesen Wettbewerb geschaffen, ursprünglich aber mit schlechteren Zeiten gerechnet. Nun sind die Zeiten besser. Verlässlichkeit bleibt dennoch eine Tugend.