Nordkoreas Diktator Kim Jong-un lässt Kurzstreckenraketen testen und verstößt damit gegen die verhängten UN-Sanktionen. Er verärgert Peking durch die Festnahme chinesischer Fischer.

Pjöngjang - Nordkoreas Diktator Kim Jong-un heizt die Spannungen auf der Koreanischen Halbinsel wieder an. Am Montag ließ er am dritten Tag in Folge Kurzstreckenraketen abschießen. Die insgesamt fünf Geschosse vom Typ KN-02 wurden von der Ostküste ins Japanische Meer gefeuert, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Unklar sei, ob es sich um eine Machtdemonstration, ein Manöver oder Waffentests handle, erklärte eine Sprecherin von Südkoreas Präsidentin Park Geun-hye. Möglicherweise sei der Norden dabei, neue Abschussrampen für den Einsatz der Geschosse im Kriegsfall zu entwickeln.

 

Im Rahmen von Militärübungen schießt Nordkorea regelmäßig Kurzstreckenraketen ab. Mit einer Reichweite bis 160 Kilometern könnten die Geschosse theoretisch den dicht besiedelten Ballungsraum um die südkoreanische Hauptstadt Seoul erreichen. Die Waffenversuche verstoßen gegen geltende UN-Sanktionen und werden im Süden als Provokation gesehen, auch wenn der Affront geringer ist, als wenn Kim Mittel- oder Langstreckenraketen getestet hätte, die als Trägergeschoss für Atomwaffen verwendet werden könnten.

In Seoul erklärte eine Sprecherin der regierenden Saenuri-Partei, der Norden müsse mit noch härteren Sanktionen rechnen, wenn er seine „absurden Provokationen“ nicht beende. „Es wird keine Zugeständnisse oder Lockerungen geben, wenn die nordkoreanische Politik nicht in die richtige Richtung weist“, sagte sie. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte Nordkorea auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und Gespräche über die Aufgabe seines Nuklearprogramms aufzunehmen. In den vergangenen Tagen hatte es diplomatische Bemühungen um eine Annäherung gegeben. Washingtons höchster Diplomat für Nordkorea, Glyn Davies, besuchte Seoul, Peking und Tokio. Zeitgleich schickte Japans Premier einen eigenen Unterhändler nach Pjöngjang. Konkrete Ergebnisse wurden nicht bekannt.

Der Konflikt führt zu politischen Verwerfungen

Ärger hat Kim Jong-un auch mit seinem Verbündeten China. Am 5. Mai soll Nordkoreas Marine in chinesischen Gewässern ein chinesisches Fischerboot gekapert haben. Der Besitzer des Schiffes, Yu Xuejun, erklärte in chinesischen Medien, er sei von nordkoreanischen Offiziellen zur Zahlung eines Lösegelds von 600 000 Yuan (75 000 Euro) aufgefordert worden. Chinesische Diplomaten haben von Nordkoreas Regierung die Freilassung der 16 Fischer verlangt. Unklar ist, ob die Soldaten auf Anweisung der nordkoreanischen Regierung handeln. In Nordkoreas rigide kontrolliertem System ist es allerdings schwer vorstellbar, dass die Kidnapper ohne Wissen der Behörden agieren. In der Vergangenheit war es mehrfach zu Entführungen gekommen.

Die Lage auf der Koreanischen Halbinsel ist angespannt, nachdem Nordkorea im Dezember eine Langstreckenrakete und im Februar zum dritten Mal eine Atombombe getestet hatte. Die UN hatten daraufhin die Sanktionen gegen Nordkorea verschärft. Im Gegenzug drohte Nordkorea den USA mit einem Atomschlag, kündigte das seit 1953 gültige Waffenstillstandsabkommen mit Südkorea, schaltete die Notfalltelefone ab und blockierte den Zugang zu der gemeinsamen Sonderwirtschaftszone Kaesong. Zuletzt zeigte sich Pjöngjang allerdings willens, über eine Wiedereröffnung des Industriegebiets, in dem 120 südkoreanische Unternehmen produzieren, zu verhandeln. Kaesong ist für das wirtschaftlich abgewirtschaftete Nordkorea eine der wichtigsten Deviseneinnahmequellen.

In Pjöngjang hat der Konflikt offenbar zu politischen Verwerfungen geführt. Vergangene Woche musste Verteidigungsminister Kim Kyok-sik seinen Posten räumen. Dabei war der 70-Jährige erst im vergangenen November ernannt worden. Sein Nachfolger, General Jang Jong-nam, soll zwischen 50 und 60 Jahre alt sein und damit vergleichsweise jung für einen nordkoreanischen Minister.