Die Veranstalter des 1. Klimakongresses im Rems-Murr-Kreis aktivieren neue Netzwerke und alte Verbindungen für den Klimaschutz. Die Zeit drängt, sind sich die Teilnehmer einig.

Viel Zeit, das Klima zu retten, bleibt der Menschheit nicht mehr. Der 1. Klimakongress im Rems-Murr-Kreis am Samstag in der Alten Kelter in Winnenden, veranstaltet vom Klimabündnis Rems-Murr und dem Verein Nachhaltiges Kernen, sollte deshalb mit Vorträgen und Projektvorstellungen neue Netzwerke knüpfen und alte Verbindungen beleben, um gemeinsam den Klimaschutz schneller voranzubringen. Welche Möglichkeiten und Hemmnisse es dabei gibt, wurde zum Abschluss des Klimakongresses in einem lebhaften Podiumsgespräch mit Vertreterinnen und Vertretern von Institutionen und Behörden erörtert.

 

Weltweit wächst der Druck

Südostasien leidet derzeit unter einer Hitzewelle. In der vietnamesischen Provinz Thanh Hóa stiegen die Temperaturen in den vergangenen Tagen auf 44,1 Grad. Das sei die höchste jemals im Land gemessene Temperatur, so der nationale Wetterdienst. Fachleute warnen vor den Folgen und prophezeien Extremwetter auch in Teilen Europas.

Weltweit wächst der Druck. Siglinde Hinderer, die Umweltbeauftragte der evangelischen Landeskirche Baden-Württemberg, berichtete, dass sie von Partnerkirchen im Ausland hautnah mitbekomme, wie dramatisch die Auswirkungen des Klimawandels bereits sind. „Wenn die Wasserpegel steigen, werden bis zu 400 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen müssen, mit allen Schwierigkeiten für das soziale und ökonomische Gefüge.“ Der Klimawandel ist Realität, und er ist im Rems-Murr-Kreis angekommen. „Wenn wir nicht schnell etwas tun, werden wir die Landschaft verlieren, wie wir sie kennen“, sagte Jochen Schäufele vom Amt für Umweltschutz im Landratsamt Waiblingen. „Wir müssen lernen, voneinander zu profitieren, sonst läuft uns die Zeit davon.“

Dass „viele Stellschrauben“, vor allem die Bürokratie, häufig einen schnellen Fortschritt verhinderten, kritisierte Markus Beier, Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer Rems-Murr. Der Hobbyimker berichtete von Umfragen, die besagten, dass 45 Prozent der Betriebe bis 2030 klimaneutral sein wollen. Beim Energiesparen und bei der effizienten Materialeinsetzung seien viele Firmen weiter als gedacht, erklärte Beier. „Wir haben im Kreis viele inhabergeführte Unternehmen, das ist für die Entwicklung von Vorteil.“

Philip Jähne, der Vorsitzenden des Klimabündnisses Weinstadt, teilt diesen Optimismus nicht. „Wir haben oft gehört, wir machen schon ganz viel, aber das steht im Widerspruch zu dem, was wir sehen und erleben.“ Der Vater von drei Kindern erinnerte an die Anfänge des bürgerbewegten Klimaschutzes, in dem sie „nicht überall mit offenen Armen empfangen wurden“. Aber es brauche gemeinsame Ziele und Verantwortung. „Wir müssen den Klimaschutz immer wieder einfordern und den Mut haben, unbequeme Wahrheiten auszusprechen.“ Etwa beim Tempolimit. Keine neue Straße und kein neues Gewerbegebiet dürfe ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen gebaut werden, ergänzte Christoph Burger von den Psychologists4Future. „Ich habe das Gefühl, viele leben in einer Verdrängungsgesellschaft.“ Die Wahrheit sei aber, dass das Klimaziel von 1,5 Grad verfehlt werde. „Und bei 1,6 Grad mehr schmilzt das Grönlandeis“, sagte er und forderte von kommunaler Ebene mehr Ehrgeiz und beispielhaftes Handeln.

Wird es eine Kooperation fürs Klima geben?

Ob aus der Annäherung beim 1. Klimakongress im Rems-Murr-Kreis eine Kooperation fürs Klima wird, wird die nahe Zukunft zeigen. Landrat Richard Sigel war unter den Zuhörern in Winnenden. Markus Koch vom Klimabündnis Rems-Murr gibt sich vorsichtig optimistisch: „Ich wünsche mir, dass sich die Menschen mehr zuhören, und dass wir auch mit den politischen Vertretern noch mehr in Austausch kommen.“