Der russische Kosmonaut Nikolai Budarin wandelt auf den Spuren von Kepler.

Weil der Stadt - Wird der Mensch je auf dem Mars landen? „Nicht daran glauben kann ich nicht, ich muss daran glauben. Aber es wird länger dauern, als man heute denkt. Und es wird so viel kosten, dass eine Nation alleine das nicht stemmen kann, da braucht es die internationale Gemeinschaft.“

 

Der freundlich dreinblickende Herr mit der modische Brille und dem silbernen Schnurrbart steht im Weil der Städter Kepler-Museum vor dem Porträt von Johannes Kepler und beantwortet die Frage von Museumsleiter Wolfgang Pleithner. Es ist der Kosmonaut Nikolai Budarin, dessen Meinung hier gefragt ist. Er hat den Weg nach Weil der Stadt gefunden, um zu erleben, woher der Mathematiker und Begründer der modernen Astronomie Johannes Kepler stammt.

Budarin war 444 Tage im Weltraum

„Ich bin stolz und freue mich sehr, jetzt, mit meinen 65 Jahren, endlich die Keplerstadt besichtigen zu können“, sagt der Kosmonaut im Ruhestand und lacht. Zwar ist eine Unterhaltung nicht ganz einfach, denn er spricht Russisch, doch die Diplom-Physikerin Margarita Riedel steht neben ihm und übersetzt. Sie hat den Raumfahrer auf einer Fachtagung kennengelernt und nach Deutschland eingeladen: „Jeder Raumfahrer sollte unsere Stadt besuchen“, findet die russischstämmige Weil der Städterin, die im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart tätig ist.

Nikolai Budarin und seine Frau Marina, die zuvor noch nie von Keplers Geburtsstadt gehört hatten, sind der Einladung gerne gefolgt. Die ursprünglich private Reise ist durch das Technik-Museum in Speyer unterstützt worden. Dort hat Nikolai Budarin einen Vortrag gehalten. Das, lässt er bescheiden durchblicken, würde er gerne auch einmal in der Keplerstadt tun, was Museumsleiter und Bürgermeister gleichermaßen aufhorchen lässt.

Doch zunächst wandeln die Budarins auf Keplers Spuren im historischen Weil der Stadt. Durch die gleichen engen Gassen zu schlendern, die der große Astronom vor mehr als 500 Jahren durchquert hat, wecke Ehrfurcht in ihm und sei ihm eine riesige Ehre, so der Kosmonaut, der genau 444 Tage, eine Stunde und 23 Minuten im Weltraum verbracht hat. Währenddessen hat seine Frau Marina Budarina mit gemischten Gefühlen auf ihn gewartet und für die beiden Söhne gesorgt. „Einerseits“, erzählt sie, „habe ich mich für Nikolai gefreut, darüber, dass er seinen Traum wahr gemacht hat, und ich bin auch sehr stolz auf ihn. Andererseits war ich oft voller Unruhe.“

Vor allem nach der dritten und letzten Langzeitmission im All 2003, dem Aufenthalt auf der internationalen Weltraumstation ISS. Kurz bevor Budarin mit dem Space Shuttle zurück zur Erde gebracht werden sollte, ereignete sich die Columbia-Katastrophe, bei der die gleichnamige Raumfähre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zerfiel. „Wir hatten noch Funkkontakt“, erinnert sich der Kosmonaut, „und auf einmal brach der ab.“ Warum, erfuhr die Crew der ISS kurze Zeit später. Budarin kehrte zwar wohlbehalten zur Erde zurück, danach beschloss er, die aktive Raumfahrt an den Nagel zu hängen.

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt

Nach einem langen Aufenthalt im All ist es übrigens gar nicht so einfach, ein Bein auf den Boden zu bekommen. Schmunzelnd erzählt Budarin, dass er nach dem Verlassen des Landeshuttles selbstverständlich alleine zur Krankenstation laufen wollte. Doch schon nach einem Schritt hat er kleinlaut die Hilfe des Bodenpersonals in Anspruch genommen: „Man weiß zunächst nicht, wo oben und wo unten ist, nachdem man wochenlang schwerelos im Weltall war“, erzählt er, und dass die Raumfahrer genauso lange unter Beobachtung bleiben müssen, wie sie im All waren, obwohl sie sich subjektiv nach zwei Wochen wieder dem irdischen Boden verhaftet fühlen.

Auch der Weiler Bürgermeister Thilo Schreiber lauscht gebannt den Worten des russischen Kosmonauten. Er freut sich außerordentlich über den illustren Besuch, ist der Schultes doch auch im Vorstand der örtlichen Kepler-Gesellschaft und hat schon das Goldene Buch der Stadt aufgeschlagen, in das sich Nikolai Budarin gerne und sehr ernsthaft einträgt. Damit führt er eine Tradition fort: „Alexei Leonow, Gennady Padalka, Walt Cunningham…Ich glaube nicht, dass andere Städte so viele Raumfahrer in ihrem Goldenen Buch haben wie wir“, sagt der Weiler Rathauschef Thilo Schreiber mit deutlich hörbarem Stolz in der Stimme.