Sir Peter Ustinov war ein Weltbürger mit Geist und Witz. Der Stuttgarter Historiker Jakob Eisler hat die schwäbischen Wurzeln der Ustinovs erforscht. Was hatte der Großvater des Oscar-Preisträgers mit Königin Olga zu tun?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In seiner Biografie hat Oscar-Preisträger Sir Peter Ustinov, der bis zu seinem Tod im Jahr 2004 ein höchst amüsanter Botschafter der Völkerverständigung war, seine eigene internationale Verflechtung so erklärt: „Ich wurde in St. Petersburg gezeugt, in London geboren und in Schwäbisch Gmünd getauft.“

 

In einem Wäschekorb ist der kleine Peter, als er noch lange kein Sir war, von seiner Familie zur Taufe getragen worden. Von dem Stuttgarter Historiker Jakob Eisler stammt der fotografische Beweis dafür. Der einzige jüdische Mitarbeiter in der Evangelischen Landeskirche Württemberg, 1967 in Haifa geboren, hat die Aufnahme vom Korb, aus dem leider nicht der Kopf des Babys Peter herauslugt, bei seiner wissenschaftlichen Recherche entdeckt. Man sieht die Familie Ustinov, die stolzen Eltern, die Oma, die Anverwandten. Getauft wurde der spätere Weltstar mit Jordanwasser aus dem Heiligen Land, wie Eisler weiß.

Der Großvater ist 1840 in Moskau geboren

Bei seinem Vortrag beim evangelischen Oberkirchenrat hat der Historiker die Ergebnisse seiner Ahnenforschung bei der Familie Ustinov vorgestellt. Die Wurzeln des großen Mimen liefern eine Erklärung, warum der 1921 geborene Ustinov zum Inbegriff des Weltbürgers wurde. Rund um den Globus verehrten die Menschen ihn, weil er stets das Lächeln nicht verlernte, selbst wenn er über Missstände sprach, für deren Beseitigung er kämpfte. Legendär sind seine öffentlichen Auftritte, bei denen er Späße mit Fotografen trieb, sich Bücher auf den Kopf legte und Anekdoten erzählte, die so berühmt waren wie seine Charakterrollen.

Der Großvater des Sir, als Plato von Ustinov 1840 in Moskau geboren, war ein russischer Gutsherr, Vater des Diplomaten Jona von Ustinov. Nachdem sich der Freiherr in jungen Jahren ein Lungenleiden zugezogen hatte, entschloss er sich zum Klimawechsel. In Jaffa ließ er sich nieder, wo er das Missionars-Ehepaar Metzler kennenlernte. Nach seiner Heilung kehrte er nach Russland zurück und überredete die Metzlers, ihm dorthin zu folgen, um seine Güter zu verwalten.

In Jaffa das beste Hotel am Platz geführt

1875 trat Ustinov zum Protestantismus über. Nach dem Verkauf seines Gutes verließ er Russland, um nach Württemberg zu ziehen. Im Mai 1876 traf er mit der Familie Metzler in Stuttgart ein. Die württembergische Königin Olga setzte sich mit Erfolg dafür ein, dass er seinen Titel als Freiherr von Ustinov in Württemberg behalten durfte. Nach der Heirat mit Marie Metzler, der Tochter des Missionspaar, und zweijährigem Aufenthalt in Korntal beschlossen die Ustinovs, nach Jaffa zurückzukehren. Dort erwarben sie das „Hôtel du Parc“, das zum ersten Haus am Platze wurde und in dem auch Kaiser Wilhelm logierte. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs kehrte Plato von Ustinov nach Russland zurück, um die russischen Streitkräfte zu unterstützen. In den Kriegswirren soll er verhungert sein.

Wie stolz wäre er gewesen, hätte er mitbekommen, was aus Enkel Peter geworden ist – aus jenem Kind, das man in Schwäbisch Gmünd in einem Wäschekorb trug. Der Sir hat die Welt ein klein bisschen besser gemacht, weil er mit seiner Fröhlichkeit eines klargemacht hat: Man darf die Hoffnung nie aufgeben!