Krankenhausfinanzierung Kreis darf Verluste ausgleichen

Betreiber kommunaler Kliniken dürfen ihre Häuser nicht schließen, wenn diese Verluste machen. Deswegen sind Subventionen erlaubt, sagt das Gericht. Private Krankenhausbetreiber hatten geklagt.
Tübingen - Der Landkreis Calw darf seinen Krankenhäusern in Calw und Nagold weiterhin finanziell unter die Arme greifen, er verstößt damit nicht gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Europäischen Union. Eine Klage des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken gegen diese Subventionen hat das Tübinger Landgericht am Montag abgewiesen. „Das ist ein Erfolg für die kommunalen Krankenhäuser in Deutschland“, kommentierte der Calwer Landrat Helmut Riegger die Entscheidung in diesem Musterprozess. Ein anderslautendes Urteil hätte die Finanzierung der kommunalen Krankenhäuser auf den Kopf gestellt. „Kommunale Krankenhäuser hätten schließen oder ihre Leistungen massiv zurückfahren müssen“, sagte der Landrat. Thomas Bublitz vom Verband der Privatkliniken kündigte an, nach Durchsicht der schriftlichen Urteilsbegründung „sehr wahrscheinlich“ Berufung einzulegen.
In der mündlichen Begründung hob Richter Immanuel Stauch auf die im Landeskrankenhausgesetz verankerte Betreiberverpflichtung der kommunalen Krankenhausträger ab. Der Landkreis könne sich daher aus dem Betrieb der Krankenhäuser – anders als ein privater Mitbewerber – nicht aufgrund wirtschaftlicher Gründe zurückziehen. Die Grundversorgung müsse gewährleistet sein. Ob die Bevölkerung einer Region in anderen Krankenhäuser ausreichend versorgt sei, müsse die Landesregierung feststellen und nicht die kommunalen Krankenhausbetreiber, führte der Richter aus. Wegen der Betreiberverpflichtung müssten Ausgleichszahlungen nicht von der EU genehmigt werden, sie seien auch nicht anzeigepflichtig.
Zuschussbedarf – sechs Millionen Euro 2012
Der Kreistag in Calw hatte im Dezember 2012 beschlossen, die Verluste der Kreiskliniken bis zum Jahr 2016 zu tragen. 2012 lagen diese bei 6,2 Millionen Euro. Der Landrat sprach in Tübingen nicht nur von einem Rechtsstreit zwischen kommunalen und privaten Krankenhausträgern, sondern wies auch auf die „drastische Unterfinanzierung“ der Krankenhäuser durch Bund, Land und Krankenkassen hin. „Aufgrund der mangelhaften Finanzierung gelingt es den kommunalen Krankenhäusern immer weniger, ein ausgeglichenes Jahresergebnis zu erwirtschaften“, sagte er. Riegger verwies auf den vom Landeskrankenhausgesetz formulierten Auftrag, eine wohnortnahe und hochwertige Grund- und Regelversorgung 24 Stunden am Tag und an 365 Tage im Jahr aufrechtzuerhalten. In Ballungsräumen sei dies kostendeckend möglich, nicht aber im ländlichen Raum, wo unabhängig von der Zahl der Notfälle stets eine gute Grundversorgung aufrechterhalten werden müsse.
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