Die Vox-Soap „Club der roten Bänder“ erzählt ausnahmsweise nicht von Halbgöttern in Weiß, sondern von sechs jungen Langzeitpatienten, die eine ungewöhnliche Freundschaft schließen.

Stuttgart - Weil die Patienten kommen und gehen, spielen in Krankenhausserien naturgemäß Ärzte die Hauptrolle, allenfalls noch Schwestern und Pfleger. Nicht nur deshalb fällt der „Club der roten Bänder“ aus dem Rahmen, denn hier stehen jugendliche Langzeitpatienten im Mittelpunkt: Leo und Jonas (Tim Oliver Schultz, Damian Hardung) haben Krebs und jeweils ein Bein verloren; Hugo (Nick Julius Schuck) liegt schon seit zwei Jahren im Koma; Alex (Timur Bartels) hat einen schweren Herzfehler; Emma (Luise Befort), das einzige Mädchen der Runde, ist magersüchtig. Am besten dran ist eigentlich Toni (Ivo Kortlang). Er hat zwar eine milde Form des Asperger-Syndroms, aber das macht ihn nicht zum Behinderten, sondern zu einem ganz besonderen jungen Mann. Im Krankenhaus ist er gelandet, weil er sich bei einem Mopedunfall beide Beine gebrochen hat. Außerdem ist er der Einzige der Gruppe, der mit Hugo kommunizieren kann.

 

Dessen Geist befindet sich in einer Zwischenwelt, zu der die anderen nur Zutritt haben, wenn sie ebenfalls zwischen Leben und Tod schweben. Das klingt zwar nach Fantasy, doch davon ist der „Club der roten Bänder“ weit entfernt. Die Serie erzählt die Geschichte einer eigentlich unmöglichen Freundschaft, denn die sechs Clubmitglieder haben völlig unterschiedliche soziale Hintergründe. Ihre Krankheiten machen sie zu Schicksalsgefährten.

Die erste fiktionale Eigenproduktion von Vox basiert auf den Jugenderinnerungen, die der Katalane Albert Espinosa 2008 in seinem autobiografischen Roman „Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt“ beschrieben hat. Was Leo und Jonas durchmachen, hat der Autor am eigenen Leib erlebt. Espinosa selbst hat aus seiner Geschichte eine Serie gemacht, die mit großem Erfolg im spanischen Fernsehen gelaufen und als Formatadaption international mehrfach verkauft worden ist.

Spiel mit verteilten Rollen

Während die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf den Figuren eine Tiefe gegeben haben, die über die offenkundigen Klischees weit hinausgeht, liegt die Leistung der verschiedenen Regisseure vor allem in der Führung der Schauspieler. Gänzlich unerfahren ist keiner aus dem Sextett, die Filmografien sind angesichts ihrer Jugend – alle sind um die zwanzig oder jünger – sogar recht eindrucksvoll, aber die vorerst zehn Folgen stellen eine besondere Herausforderung dar. Die größte Leistung der Akteure bestand darin, die Rollen zum Leben zu erwecken, denn zunächst wirken sie so stereotyp, wie es die jeweilige Position innerhalb der Clique nahelegt.

Ein Physiotherapeut (Matthias Brenner) bringt Leo auf die Idee, den Club zu gründen. Leo sieht sich als Anführer, sein Bettnachbar Jonas wird sein Stellvertreter. Auch das Mädchen ist rasch gefunden. Der als ausgesprochen unsympathische Figur eingeführte, arrogante Alex ist der Hübsche, Toni der Schlaue und Hugo der gute Geist der Gruppe. Der Name des Clubs bezieht sich auf das rote Armband, das man bei jeder Operation bekommt.

Die Umsetzung der Vorlage ist eine interessante Mischung. Der Vorspann erinnert an tägliche Serien, doch gerade die Auftaktfolge mit ihren vergleichsweise vielen Außenaufnahmen ist wie eine Dramaserie gestaltet; später spielt sich das Geschehen vorzugsweise im Krankenhaus ab. Im Unterschied zu den gängigen täglichen Serien verzichtet der „Club der roten Bänder“ jedoch auf die übliche ABC-Dramaturgie. Action, Beziehung und Comedy sind hier nicht einem jeweils eigenen Handlungsstrang zugeordnet, sondern prägen die gesamte Erzählung. Auch darin liegt eine große Stärke der Serie.