Krankenkassen schlagen Alarm: Die Deutschen sind so häufig krank wie nie zuvor. In vielen Bereichen zeigt sich nun, mit wie wenig Personal der Alltag zu stemmen ist – ein Blick in den Kreis Ludwigsburg.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Auch wenn die Temperaturen es im Moment nicht erahnen lassen: Es könnte dieses Jahr ein kalter Winter werden, auch wegen heruntergeregelter Temperaturen in Büros und Produktionsstätten oder in den eigenen vier Wänden. Schon jetzt sind viele Menschen krank. Wie sieht es derzeit im Kreis Ludwigsburg aus? Und welche Rolle spielt Corona dabei?

 

Kliniken: hohe Ausfallquote

Wer in der Pflege arbeitet, hat sowieso schon zweieinhalb harte Jahre hinter sich. Mit der aktuellen Krankheitswelle verschärft sich die Situation nun erneut. Die Regionale Kliniken Holding (RKH) verzeichnete in den vergangenen drei Wochen eine Personalausfallquote von 20 Prozent. In manchen Bereichen seien es bis zu 25 Prozent gewesen, teilt der Sprecher Alexander Tsongas mit. Die Folge: Weniger Betten standen zur Verfügung, und einzelne Operationen und Behandlungen mussten verschoben werden. Mittlerweile entspannt sich die Situation.

Im Falle der RKH Kliniken führten wieder vermehrt Corona-Infektionen zu den hohen Ausfällen, wie Alexander Tsongas berichtet. Demnach seien ähnlich hohe Ausfallquoten bereits bei vergangenen Coronawellen aufgetreten. Zu normalen Zeiten hingegen fehlten etwa 15 Prozent des Personals wegen Krankheit, Urlaub oder Fortbildungen. „Alle Patienten, die dringend einer Versorgung bedürfen, werden selbstverständlich trotz der vielen Personalausfälle vollumfänglich und uneingeschränkt versorgt“, so Tsongas.

Städte: Belastung durch Fehlzeiten

Auch die Stadtverwaltung Marbach verzeichnet zurzeit einen durchweg höheren Krankenstand als sonst. Als ungewöhnlich hoch würde Jürgen Sack, Hauptamtsleiter, ihn aber nicht bezeichnen. „Wir konnten alles so weit abfedern, dass es für die Bürger keine Einschränkungen gab“, sagt er. Lediglich in der Kinderbetreuung kann es hin und wieder dazu kommen, dass Nachmittage ausfallen oder Randzeiten nicht besetzt werden können. „Das liegt aber daran, dass wir in diesem Bereich sowieso mit einem enormen Personalmangel zu kämpfen haben“, sagt Sack. Wenn dann noch Krankheitsfälle hinzukommen, werde es schnell eng.

Die Stadtverwaltung Kornwestheim spricht dagegen nur von einem geringen Anstieg an Krankheitstagen. Die Fehlzeiten würden generell zu einer Mehrbelastung der Beschäftigten, die im Dienst sind, führen. Bisher konnten jedoch alle Aufgaben immer erfüllt werden, sagt die städtische Sprecherin Sandra Hennig.

Feuerwehr und Polizei: Es läuft noch

Und wie sieht es bei der kritischen Infrastruktur aus? Um die Handlungsfähigkeit von beispielsweise Feuerwehr und Polizei hat man sich vor allem Sorgen gemacht, als sich gerade die Omikron-Variante ausbreitete. Der große Ausfall der Helfer blieb zum Glück aus. Und auch durch die derzeitige Situation kommen Feuerwehr und Polizei ganz gut – trotz vieler Krankmeldungen.

Bei der Berufsfeuerwehr Ludwigsburg erstreckte sich der höchste Krankenstand über fünf Tage. Der städtische Pressesprecher Peter Spear teilt mit, dass von 45 Mitarbeitern neun ausgefallen seien. Das sind 20 Prozent. „Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr blieb dennoch in allen Funktionen erhalten“, so Spear. Einige Schichten seien von Kollegen übernommen worden, die eigentlich freihatten.

Bei der Polizei Ludwigsburg hat es bisher in allen Phasen mit hohen Corona-Infektionszahlen Anpassungen gegeben. So seien Präventionsveranstaltungen ausgefallen, damit das Personal anderweitig eingesetzt werden kann, teilt der Sprecher Steffen Grabenstein mit. Derzeit sei das aber nicht der Fall. Die Polizei Baden-Württemberg hat bereits zu Beginn der Pandemie Maßnahmen zur Gewährleistung des Dienstbetriebs definiert. „Diese Maßnahmen wurden konsequent fortgeschrieben und an die jeweilige Infektionslage angepasst, so dass es weder in der Vergangenheit noch aktuell zu Engpässen gekommen ist“, sagt Grabenstein.

Metallindustrie: mehr Ausfälle

Auch wenn sie für den Kreis Ludwigsburg keine konkreten Krankenzahlen in den Betrieben vorliegen hat, sieht die Südwestmetall-Bezirksgruppe Ludwigsburg eines kritisch: die Fortschreibung der telefonischen Krankschreibungen für Arbeitnehmer, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege leiden. „Diese Sonderregel war eigentlich für Zeiten der Pandemie gedacht“, merkt Thomas Class, der Geschäftsführende Rechtsanwalt der Bezirksgruppe, an. „Sie bringt Probleme mit, weil sie erfahrungsgemäß zu höheren Arbeitsunfähigkeitszahlen führt. Dazu gibt auch eine Schnellumfrage unseres Verbandes Südwestmetall im September Hinweise.“ Dort habe mehr als die Hälfte der befragten Firmen angegeben, dass durch die Telefonkrankschreibung die Zahl der ausfallenden Beschäftigten gestiegen sei. Weitere 36 Prozent hätten keine Angaben machen wollen oder können. „Das bedeutet, dass auch bei ihnen die Zahlen gestiegen sein könnten“, folgert Class.