Wenn es optimal läuft, könnte der Schlecker-Markt in Aidlingen noch vor Weihnachten wiedereröffnen – als genossenschaftlich betriebene Drogerie. Auch an weiteren fünf Standorten im Landkreis Böblingen könnten die Schlecker-Läden mit diesem Modell gerettet werden, hofft die Stuttgarter Gewerkschafterin Christina Frank.

Kreis Böblingen - Wenn es optimal läuft, könnte der Schlecker-Markt in Aidlingen noch vor Weihnachten wiedereröffnen – als genossenschaftlich betriebene Drogerie. Auch an weiteren fünf Standorten im Landkreis Böblingen könnten die Schlecker-Läden mit diesem Modell gerettet werden, hofft die Stuttgarter Gewerkschafterin Christina Frank. Dazu gehören Sindelfingen, Ehningen, Gärtringen, Schönaich und Bondorf.

 

Am Mittwoch hatte die Gewerkschaft Verdi ein Modell vorgestellt, nach dem ehemalige Schlecker-Mitarbeiterinnen ihre Drogerien als Genossenschaft weiterbetreiben könnten. Drei Läden im Landkreis Ludwigsburg sollen den Anfang machen. Doch auch im Nachbarkreis Böblingen knüpfen sich viele Hoffnungen an das Modell. Diskutiert wird zurzeit aber nur über bislang profitable Läden. In der Regel haben diese einen Jahresumsatz von mindestens 500 000 Euro. Die Läden in der Stadt Böblingen erfüllen dieses Kriterium ebenso wenig wie die Schlecker-Märkte im nördlichen Landkreis, etwa in Leonberg oder Weil der Stadt.

Der Aidlinger Markt könnte Pilotprojekt werden

In dem Markt in Aidlingen lag der Umsatz bislang bei mehr als einer Million Euro jährlich. Außerdem zählt der Bürgermeister Ekkehard Fauth zu den Unterstützern des Projektes. Deshalb sei hier die Neugründung des Ladens realistisch, sagt Christina Frank. Sie ist überzeugt, dass das Genossenschaftsmodell nicht nur den ehemaligen Mitarbeiterinnen hilft. „Wenn Schlecker schließt, löst das in vielen Gemeinden einen regelrechten Dominoeffekt aus“, berichtet die Gewerkschaftsfunktionärin. „Wenn die Leute nicht mehr alles im Ortszentrum kaufen können, fahren sie hinaus auf die grüne Wiese. Dann sind bald auch der Bäcker und der Metzger pleite.“ Deshalb würden viele Bürgermeister das Weiterbestehen der Läden unterstützen. Diese könnten bei Bedarf nicht nur Drogerieartikel anbieten, sondern auch die Funktion eines Getränkemarktes oder Reformhauses übernehmen, hofft Frank.

Allerdings sind die Schlecker-Läden in manchen Gemeinden bereits an andere Ketten vermietet worden. In den ehemals profitablen Schlecker-Markt in Sindelfingen-Maichingen etwa ist die Textilkette NKD eingezogen. Anderswo sind die bestehenden Schlecker-Läden zu klein, um wirtschaftlich zu arbeiten wie beispielsweise in Schönaich. Deshalb müssten die Frauen dort erst eine neue Immobilie suchen.

Chancen und Risiken für die Mitarbeiterinnen

Für die entlassenen Schlecker-Mitarbeiterinnen birgt das Genossenschaftsmodell Chancen, aber auch Risiken: Denn ihr Gehalt wäre erst einmal niedriger als bei der Konkurrenz. Neun Monate lang könnten die Frauen nach der Gründung einer Genossenschaft das Arbeitslosengeld weiter beziehen. Dazu käme ein Zuschuss von der Arbeitsagentur sowie eine kleine Summe aus dem erwirtschafteten Gewinn. Nach neun Monaten müssten sich die Läden allerdings selbst tragen.

Anna Duttenhoefer, bis Ende August noch Filialleiterin des Schlecker-Marktes in Aidlingen, hat sich deshalb noch nicht endgültig entschieden. „Ich habe keine kaufmännische Ausbildung. Ich bin mir nicht sicher, ob ich zum Beispiel die Buchhaltung bewältigen könnte“, sagt die 52-Jährige selbstkritisch. Andererseits: „Reizen würde es mich schon, und der Laden ist auch schön“, findet Duttenhoefer.

Nach Angaben von Verdi-Funktionärin Christina Frank interessieren sich allein im Landkreis Böblingen 30 bis 35 ehemalige Schlecker-Frauen für das Genossenschaftsmodell. Das gelte besonders für ältere Frauen mit geringeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Viele der Frauen hätten bereits Erfahrungen als Filialleiterin. So auch Oxana Lieder, die sechs Jahre lang bei Schlecker gearbeitet hat. „Ich wurde als Springerin eingesetzt und habe übergangsweise Filialen im ganzen Landkreis geleitet“, berichtet die 38-Jährige. Ihr Traum ist es jetzt, in Schönaich oder im Sindelfinger Stadtteil Maichingen eine Filiale in Eigenregie wiederzueröffnen. Nicht um alles müssten sich die Frauen selbst kümmern: die Verhandlungen mit den Zulieferern, die Gestaltung des Sortimentes und das Marketing würde wohl eine Service-Gesellschaft übernehmen. Ob die einzelnen Märkte als Genossenschaft, als Mini-GmbH oder als Verein organisiert wären, ist noch nicht endgültig entschieden.