Die Leonberger Unternehmensberatung Imaka hat die Jugendarbeit im Kreis Böblingen untersucht. Die Angebote und die Kosten liegen deutlich über dem Schnitt anderer Kreise. Daher schlägt der Gutachter Zentralisierungen vor, Leonberg könnte eine Außenstelle verlieren.

Kreis Böblingen - Immer wenn ein Gutachter Zentralisierungen vorschlägt, zucken Kommunalpolitiker zusammen. So auch am Montag im Jugendhilfeausschuss des Kreistages. Ingo Wilkens von der Leonberger Unternehmensberatung Imaka schlägt vor, die Außenstelle der Jugendgerichtshilfe in Leonberg zu schließen und die Erziehungsberatungsstellen aus Böblingen und Sindelfingen auf dem Flugfeld zu konzentrieren. Allein dass dieses heikle Thema erstmal nicht beraten wird, zeigt dessen Brisanz. Aber auch sonst birgt das Gutachten der Imaka einigen Sprengstoff. Denn es legt offen, dass der Kreis Böblingen im Vergleich zu anderen Spitzenreiter ist, was die Ausgaben des Jugendamtes angeht. „Landesweit werden 238 Euro pro jungem Mensch ausgegeben“, erklärt Ingo Wilkens, „hier sind es 310 Euro.“ Auch im Vergleich zur Region liege man über dem Schnitt anderer Kreise, wie Esslingen (243 Euro), Waiblingen (239) oder Ludwigsburg (236 Euro). „Es gibt eine viel höhere Leistungsdichte als anderswo“, lautet das Fazit der Gutachter.

 

Sprich: mehr Anbieter, mehr Hilfen für Familien, mehr Heimunterbringungen, und so weiter. Dennoch schlägt der Berater sechs zusätzliche Stellen vor, wovon ein Teil sogar schon umgesetzt wurde. „Wir wollen durch eine bessere Steuerung und mehr Beratung verhindern, dass Fälle erst zu Fällen werden“, so die Argumentation von Ingo Wilkens. Und so Geld sparen.

Generell sieht er das Jugendamt unter Wolfgang Trede gut aufgestellt: „Das Arbeitsklima ist gut.“ Allerdings solle mehr auf die Kosten geachtet werden, etwa durch weniger pauschale Abrechnungen, mehr Controlling und eine neue Organisation mit weniger Sachgebieten: „Die Amtsleitung leistet sehr gute Arbeit, ist aber überlastet.“

Nun weisen gleich mehrere Sozialpolitiker darauf hin, dass der Kreis eine gewachsene Struktur habe und eine bewährte Kooperation mit Jugendhilfevereinen, etwa mit dem Waldhaus Hildrizhausen. Dessen Geschäftsführer Hans Artschwager sagt denn auch: „Wir haben in Baden-Württemberg generell ein sehr niedriges Niveau an Leistungen.“

Jugendhilfeverbände protestieren

Auch Heiko Bäßler von den Stadtjugendringen protestiert etwa gegen detailliertere Abrechnungen: „Irgendwann sind wir nur noch am Dokumentieren.“ Und Sebastian Kruggel von der Jugendhilfe sagt: „Wir haben auch deutlich mehr prekäre Familienverhältnisse, deswegen mehr Leistungen.“ Der Landrat Roland Bernhard erkennt die Brisanz der Debatte und sagt klar: „Wir wollen die Qualität der Arbeit nicht antasten.“ Aber ihm gebe schon zu denken, dass die Kosten so viel höher lägen als in anderen Landkreisen. „Der Kreis Böblingen ist vergleichbar mit anderen“, stellt er klar, und fordert von den Kreisräten Vorschläge, wie die Jugendarbeit effizienter organisiert werden könne.

Die Kreisräte sehen das ähnlich. Ingrid Balzer (FWV) sagt, man solle „schon den Daumen drauf“ haben, um effektiver zu arbeiten. Heiderose Berroth (FDP) mahnt, es müsse auch die langfristige Wirkung der Jugendarbeit bedacht werden. Für die CDU schlägt Rolf Mailänder vor, jährlich zu überprüfen, wie das Gutachten umgesetzt werde. Und Joachim Klenk (SPD) fordert eine ausführliche Beratung, bevor entschieden wird. Dies soll erst im Juli geschehen – bis dahin ist noch viel zu diskutieren.