Wegen Softwareproblemen verschickt das Landratsamt falsche Abfallbescheide an Bürger, die nicht mehr leben oder längst weggezogen sind. Jetzt nicht mehr, heißt es.

Kreis Ludwigsburg - Wenn die Müllbescheide des Landkreises in den Briefkästen der Bürger landen, löst das selten Jubel aus. Doch so viel Verwunderung, Ärger oder Belustigung wie in diesem Jahr haben die Rechnungen aus dem Landratsamt wohl noch nie verursacht. Es wurden etliche Bürger angeschrieben, die gar nicht mehr am Leben sind oder inzwischen schon umgezogen. Zudem verschickte die Behörde heuer viele Bescheide, in denen sie Kleinstbeträge, teilweise wenige Cent, anmahnte – Post, die das Porto nicht wert ist.

 

Ein Bürger reagierte mit Humor. Seine Rechnung über sage und schreibe drei Cent quittierte er mit einem Brief, auf den er drei Centstücke klebte. Er bitte um eine Bestätigung, dass das Geld angekommen sei, teilte der Gebührenzahler süffisant mit. Damit nahm er den Umstand treffend aufs Korn, dass Porto und Verwaltungsaufwand hier in ungünstigem Verhältnis zur geforderten Summe stehen. „Wir haben dem Mann mit einem netten Brief geantwortet“, sagt Beatrix Spether, Leiterin des Fachbereichs für Abfallgebühren im Kreishaus.

Wesentlich unangenehmer seien Fälle gewesen, in denen etwa eine verstörte Witwe angerufen habe, um zu fragen, warum ihr verstorbener Mann noch Müllgebühren zahlen müsse. „Wir haben uns entschuldigt und anschließend sofort reagiert“, sagt Beatrix Spether. Dass es dieses Jahr ein derartiges Chaos bei den Bescheiden gegeben habe, sei äußerst bedauerlich. Der Hauptgrund dafür liege allerdings in einer Softwareumstellung zum Jahreswechsel.

Betroffen sind vor allem große Wohnanlagen

Mit der neuen Software sei die Verwaltung zwar generell sehr zufrieden, sagt der Vizelandrat und Geschäftsführer der Kreis-Abfallentsorgung (AVL), Utz Remlinger. Allerdings habe das Programm ein Problem gehabt: Die Schnittstelle, an der es die Daten von den Einwohnermeldeämtern abfragt, habe nicht immer reibungslos funktioniert. Betroffen waren laut Beatrix Spether Bürger, die in großen Wohnanlagen leben und über ein Sonderprogramm vom Kreis ihre individuelle Gebühr ausrechnen lassen. Der Landkreis sei der einzige, der so etwas anbiete. „Das ist ein exotischer Abrechnungsmodus“, sagt Spether. Anderswo bleibe die aufwendige Arbeit an der Hausverwaltung hängen.

Doch damit nicht genug. Hinzu kamen für den Kreis noch weitere Probleme. Neben Lieferschwierigkeiten des neu beauftragten Logistikers für die Mülltonnen (siehe Text unten) gab es auch Schwierigkeiten des neuen Post-Dienstleisters. In der Summe habe dies zu immens vielen Rücksendungen geführt. Das habe wiederum die rund 40 Mitarbeiter des Fachbereichs gestresst. Sie mussten etwa 20 Postkisten voll Rücksendungen bearbeiten.

Inzwischen, beteuert der Vizelandrat, habe der Kreis „die Probleme wieder weit gehend im Griff“. Die Umstellung der EDV habe sich dennoch gelohnt. Das bisher genutzte Programm sei nicht nur etwa siebenmal so teuer gewesen, was nun zu jährlichen Einsparungen von 600 000 Euro für die Gebührenzahler führe. Die neue Software sei auch deutlich schneller und ermögliche einen besseren Kundenservice. Sachbearbeiter könnten bei Rückfragen auf einen Blick Daten zu allen Bereichen – egal ob Gebührenkalkulation, Mülltonnenlieferung oder Sperrmüllabholung – Auskunft geben.

Ein Lob für die gestresste Fachabteilung

Um den Berg an zusätzlicher Arbeit bewältigen zu können, habe der Kreis noch bis Mitte Juli zwei überaus fähige Studenten als Aushilfskräfte eingestellt. Spethers Abteilung habe die bisherige Schwemme sehr gut gemeistert, sagt Utz Remlinger. „Dafür haben Frau Spether und ihr Team ein großes Lob verdient.“

Die falsch verschickten Bescheide seien umgehend korrigiert worden. Wer postalisch geforderte Centbeträge nicht überweise, dem drohe kein Ungemach – für Beträge unter fünf Euro verschicke der Kreis normalerweise keine Mahnungen. Deshalb geht Utz Remlinger davon aus, dass das komplexe Prozedere der Abfallbescheide für rund 250 000 Haushalte und 28 Millionen Euro Gebühren von jetzt an wieder in ruhigen Bahnen verlaufe. „Sollte ein Bürger dennoch eine fehlerhafte Rechnung bekommen, werden wir das natürlich umgehend korrigieren“, verspricht Remlinger.